Kooperation statt Konfrontation

"Ich glaube, dass ich gerade in Frankfurt eine sowohl dynamische als auch offene Stadt vorfinde", sagt Max Hollein, designierter Direktor der Kunsthalle Schirn.
Von Roland Schöny.


Die Schirn Kunsthalle in Frankfurt ist die einzige groß dimensionierte Kunsthalle im deutschen Bundesland Hessen. Ihr internationaler Stellenwert soll in den kommenden Jahren deutlich verbessert werden. So lautete der Wunsch des Frankfurter Kulturdezernenten Hans-Bernhard Nordhoff, als er vor rund einem Jahr dem knapp über 30 Jahre jungen Max Hollein vorgeschlagen hatte, das Amt des Direktors für diese renommierte Institution zu übernehmen. Mittlerweile wurde Hollein für diese Funktion bestellt.

Der designierte Direktor wird offiziell sein Amt mit Jahresbeginn 2002 antreten. Bereits in diesem Jahr ist Max Hollein aus dem New Yorker Guggenheim Museum nach Frankfurt übersiedelt: "Frankfurt ist ja eine reiche, nicht finanziell, sondern an Einrichtungen unglaublich reiche Kulturstadt. Sie haben im Grunde in Gehweite von fünf Minuten eine Fülle von Kultureinrichtungen. Und das ist etwas sehr Interessantes", stellt Max Hollein fest.

Max Hollein / ©Bild: APA
Max Hollein / ©Bild: APA

Herausforderung durch Konkurrenz

Aus dieser Konkurrenzsituation ergibt sich eine besondere Herausforderung. Denn die Geschichte Frankfurts - in den letzten beiden Jahrzehnten - ist beinahe ähnlich bewegt wie jene Berlins nach 1989. In den 80er Jahren noch gab der damalige sozialdemokratische Kultursenator Hilmar Hoffmann den Slogan "Kultur für alle" aus. Er forcierte die Errichtung des so genannten Museumsufers, also auch der Städel- und der Schirn-Kunsthalle, sowie den Bau des von Hans Hollein entworfenen Museums Moderner Kunst.

In den 90er Jahren schließlich erlebte die Bankenmetropole und Messestadt eine Reihe scharf geführter Debatten. Hintergrund dafür waren vor allem Subventions-Kürzungen im Kulturbereich. Frankfurt habe im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl zu viele Kulturinstitutionen hieß es. Im Theaterbereich sprach man eine Zeit lang sogar von eine Flaute, weil die aufwändigen Multimedia-Produktionen des Theaters am Turm kaum noch finanziert werden konnten und das Frankfurter Schauspiel wegen mangelnder Qualität der Aufführungen kritisiert wurde.

Rezessionsphase überwunden

Diese Phase der Rezession im Kulturbereich sieht Max Hollein als überwunden an. Einer der Gründe dafür sei auch die Neubesetzung der meisten Institutionen wie zuletzt im Fall der Direktion des Frankfurter Schauspiels durch die Österreicherin Elisabeth Schweeger:

"Auf Grund des Wechsels sowohl in der Staedel-Schule mit Daniel Birnbaum, im Museum moderner Kunst mit Udo Kittelmann oder mit dem relativ jüngeren Leiter des Kunstvereins Michael Schaffhausen sowie Elisabeth Schweeger im Schauspielhaus haben sich eine ganze Reihe von neuen Positionen etabliert, wo man - finde ich - eher auf Kooperation statt auf Konfrontation hin arbeiten sollte", meint Hollein.

Internationale Kooperationen

Die Schaffung von Kooperationen sowohl in der Stadt Frankfurt als auch mit internationalen Institutionen wird auch eines der Hauptaufgabengebiete von Max Hollein sein. Hollein hatte bereits im Guggenheim Museum New York die Position eines Vernetzers inne, wo er zum Beispiel für internationale Kontakte zuständig war. Als Kurator für den US-Pavillon der Architekturbiennale von Venedig wiederum knüpfte er Kontakte zu Sponsoren in Italien und Österreich. Als Direktor der Schirn Kunsthalle will Hollein nun auch mit anderen Häusern zusammenarbeiten.

Beginn mit Arnold Schönberg

Den Auftakt dazu soll die Ausstellung "Die Visionen Arnold Schönbergs" bilden. Parallel zur Präsentation ausgewählter Malerei des Komponisten sollen in Musikinstitutionen wie der Oper Frankfurt herausragende Werke Arnold Schönbergs aufgeführt werden. "Wir zeigen die Visionen von Arnold Schönberg. Das bildnerische Werk, davon nur den expressiven, visionären Teil. Demgegenüber zeigen wir eine Ausstellung zeitgenössischer, minimalistischer Rauminstallationen", kündigt Hollein an.

"Das ist für mich ganz wichtig, das ist es, was die Kunsthalle wieder an Bedeutung gewinnen lassen kann: dass das Publikum für eine Ausstellung an die populärste Kultureinrichtung im Ausstellungsbereich Frankfurt - und das ist die Schirn-Halle - wieder herangezogen wird. Das kann ja von den Institutionen dann weiter übernommen werden. Ich glaube, wir werden in diesem Fall ein ganz neues Publikum an Schönberg heranführen", erklärt der designierte Direktor.

Verbindungen zur Gegenwart

Zugleich muss Max Hollein Verbindungen zur Gegenwartskunst herstellen. Denn die Schirn-Halle ist eher für ein klassisches Programm bekannt. Ausstellungen der letzten Jahre widmeten sich so unterschiedlichen Themen wie etwa "Von Raffael bis Tiepolo", Man Ray oder Duane Hanson. Im kommenden Jahr soll es parallel zur Schönberg-Ausstellung eine Schau mit dem Titel "Ton im Raum" geben, an der etwa der junge deutsche Elektroniker Carsten Nikolai teilnehmen soll. Danach soll die Halle der europäischen Kunstschau Manifesta zur Verfügung stehen, so Hollein.

Grenzübergreifende Projekte

Mit "Shopping" steht ein weiteres grenzübergreifendes Großprojekt auf dem Programm des neuen Direktors:
"Bei 'Shopping' geht es im Grunde um die Geschichte der Warenpräsentation in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Das reicht von der frühen Fotografie über Walker Evans, surrealistische Arbeiten, Bauhaus-Prinzipien zur Warenpräsentation, über Pop Art bis zu aktuellsten Tendenzen in der Kunst. Die Ausstellung wird dann auch an die Tate in Liverpool gehen", erzählt Max Hollein.

Aktuell und publikumswirksam

Es geht Max Hollein also sehr darum, einen aktuellen und publikumswirksamen Ausstellungstypus zu etablieren. Themen sollen grenzübergreifend dargestellt werden. Für die aufwändige Produktion solcher Projekte werden internationale Partner gesucht.

"Also ich glaube, Kooperationen - ich komme ja aus dem Guggenheim Museum, das natürlich ständig Kooperationen macht - sind ganz wichtig für eine Kunsthalle. Und zwar nicht nur aus Gründen der Synergieeffekte und der Kostendegression, sondern auch, um einen intellektuellen Austausch zu haben. Wir arbeiten bei Ausstellungen, die wir mitinitiiert haben, in den nächsten Jahren mit dem Centre Pompidou, mit dem Museum of Modern Art und mit der Tate Gallery zusammen. Es ist ganz wichtig, die Kunsthalle Schirn wieder an den Zyklus der ganz großen Institutionen europa-, aber auch weltweit anzuschließen", meint Hollein abschließend.

Radio …sterreich 1