Nerven wie aus Viagra
Von Claudia Aigner
Während einer sexuellen Verrichtung "so nebenbei" auf dem
Nachtkästchen ein Modellflugzeug zusammenbauen und sich dabei ganz präzise
an die Bauanleitung halten? Wer über so viel Selbstbeherrschung verfügt,
braucht sich nicht zu wundern, wenn man ihm eine gespaltene Persönlichkeit
diagnostiziert. Derartige "Nerven aus Stahl" (quasi "Viagra-Nerven")
hat zweifellos auch Josef Kern (bis 22. Dezember in der Portfolio Kunst
AG, Fichtegasse 5, zu sehen). Während eine gewisse Eva, um im Bild mit dem
Flugzeug zu bleiben: an seinem "Steuerknüppel" hantiert, bringt er es
fertig, absolut konzentriert in den Spiegel zu sehen und sachlich sein
Spiegelbild und das von seiner Eva abzumalen. Und dabei auch noch ein
Pokerface zu machen. Und sein Pinsel (ich meine jetzt wirklich nur den
Pinsel) wird an keiner Stelle epileptisch. Großmäuliger Bildtitel:
"Malerische Allmacht." Josef Kern scheint von seinem (unbekleideten)
Selbstbildnis besessen zu sein. Selbstbewusst stellt er sich immer wieder
als Maler dar, demonstrativ mit Pinsel und Palette (dem Reichsapfel und
dem Zepter des Malers). Und wenn ein Modell daneben sitzt oder liegt, dann
wird auch das im Spiegel betrachtet. Außer das Modell hält sich ganz
allein im Bild auf. (Eine irritierend selbstverliebte Auffassung vom Thema
"Maler und Modell".) Als Betrachter ist man hier so oft in der Position
des Spiegels, dass man schon Komplexe bekommt (man hätte womöglich so
fettige Gesichtshaut, dass man ständig das Bild seines Gegenübers
reflektiert). Maler und Mönch in Personalunion: Im provokanten Opus
"Maler, Mönch und Mädchen" steckt der Maler scheinheilig in der
Mönchskutte, daneben die Frau (Eva), die er geschwängert hat (als er also
sozusagen eine kurze Pause vom Zölibat gemacht hat, also quasi "während
der Mittagspause"). Nie malt Josef Kern eine verklärte Fleischlichkeit,
immer eine wuchtige Erotik, die mit jedem Dekagramm im Diesseits steht.
Neben der ungeheuren Präsenz dieser sehr direkten Körper sind vor allem
die sinnlichen bunten Farbspiele bestechend, die die Haut, die auf diesen
Leibern klebt, treibt. Wie bei seinen vexierbildartigen Gemälden von
meist geschlechtlichen Körperdetails rückt er auch Blumen immer wieder
"intim" zu Leibe und schaut ihnen in ihre Blütenkelche. Es kommt einem wie
eine botanische Orgie vor, was nicht heißen soll, dass man seine Kinder
mit diesen Bildern restlos aufklären kann. Und schließlich noch die
märchenhaft einfallsreichen Papierarbeiten, wo manche der fantastischen
Kreaturen an Haarausfall leiden, aber praktisch alle an unterschiedlich
weit fortgeschrittenem "Kleider-Entfall". Und wo sich die
Hosenbodenabstinenzler im "Schrebergarten der Lüste" (Bildtitel)
herumtreiben.
Erschienen am: 05.12.2000 |
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