Salzburger Nachrichten am 1. März 2006 - Bereich: Kultur
Kunst zum Fasten Fastentücher und
Installationen in Kirchen
Graz, Wien, Innsbruck (SN-m.b., APA). Ein imaginärer "Sound-Teppich"
kontrastiert zum barocken Hochaltar: Der steirische Künstler Michael
Gumhold hat in der Grazer St. Andrä-Kirche ein Fastentuch aus 1500 über
Kabelbinder miteinander verknüpften Tonbandkassetten installiert. "Ohne
Titel (Unsichtbar, dafür hörbar)" heißt die ab heute, Aschermittwoch, zu
betrachtende Arbeit, die als "stillgelegte Geräuschskulptur" zu verstehen
ist. Es ist ein Symbol für das Ausblenden des Alltagslärms in der
Fastenzeit. Im Dominikanerinnenkloster Kirchberg am Wechsel in Niederösterreich ist
von Aschermittwoch bis zur Karwoche wieder das weltweit größte Fastentuch
zu sehen. Dies teilte die Erzdiözese Wien mit. Der akademische Maler Sepp
Jahn hatte dieses "Tuch der Erinnerung an das Vergessene und Verdrängte"
mit 40 Darstellungen biblischer Szenen mit Edith Hirsch in vierjähriger
Arbeit angefertigt; erstmals wurde es im Jahr 2000 präsentiert. Ein Fastentuch oder Fastenvelum war ursprünglich violett, also in der
liturgischen Farbe der Fastenzeit. In früheren Jahrhunderten diente es
dazu, prunkvolle Hochaltäre, Kruzifixe und Bilder Jesu während der
Fastenzeit zu verhängen, um auf das Leiden Christi hinzuweisen. Oft wurde
es mit biblischen Szenen bemalt, um den Gläubigen die Heilsgeschichte zu
illustrieren. Ein anderes Wort für Fastentuch ist "Hungertuch", das in der
Redewendung "am Hungertuch nagen" vorkommt. Laut Etymologischem Wörterbuch
von dtv ist dies eine Umbildung von "am Tuche nähen, flicken" und steht
für "fasten, sich kümmerlich behelfen". Vier Bienenvölker im Innsbrucker Dom Im Innsbrucker Dom ist während der
Fastenzeit eine Installation "Der Duft der Königin" des Osttiroler
Künstlers Georg Planer. 120.000 Bienen bevölkern die beiden Türme. Die
Geräusche vom Innenleben der vier Bienenstöcke werden über Lautsprecher zu
den vier Seitenaltären übertragen. Die Beichtstühle sind mit Bienenwachs
ausgekleidet. Das Grabmal Maximilians des Großmeisters ist mit bebrüteten
Honigwaben ummauert. Nach Ansicht von Florian Huber, Domprobst und
Mitglied von "Kunstraum Kirche", zeigen die vier Bienenvölker, wie
Christen leben sollten: "Christus ist der Bienenkönig, das Bienenvolk
steht für das Volk Gottes, und die Bienen sind, so wie wir, Sammler der
Gaben der Natur." |