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Piss zum Morgengrauen

Piss zum Morgengrauen

Aufzählung (cai) Treffen sich zwei Elche. Oder zwei Steirer? Ach, ist eh wurscht. Sagt der eine: "Ikea!" Darauf der andere: "Ja, du mich auch." Okay, das war nicht sonderlich witzig. Glaubt sowieso keiner, dass Ikea die Übersetzung des Götzzitats ins Schwedische ist. (Außer jemand, der an einer Inbus-Intoleranz leidet.) Max Schaffer hat es trotzdem irgendwie hingekriegt, aus dem Billy (dem Regal) einen Götz zu machen. Jedenfalls kann man sich da jetzt den Hintern reinwischen. Na ja, vielleicht ist das doch kein Klopapier, sondern normales Papier. Der dazugehörende Aufklärungsfilm ist pädagogisch wertvoll: Wie wird aus Holz Papier?

Man nehme ein Billy-Regal, schiebe es dem Häcksler rein, rühre die Schnipsel (gemeinsam mit der zerkleinerten Kartonverpackung) in Wasser ein, püriere alles mit einem Stabmixer und hebe die Blätter einzeln mit einer Art Sieb aus dem Brei raus. Vandalismus ist eindeutig eine Kunstrichtung. In der Galerie Senn wird derzeit ja totaloperiert, was das Zeug hält. Das weiße Quadrat von Mike Bouchet (oh, wie neu!) ist zum Beispiel insgeheim originell. Das ist ein Stückl Wand von einer in der venezianischen Lagune versunkenen Hütte. Das hängt da nun wie ein Menetekel. (Dass Venedig gewogen worden und als zu schwer befunden worden ist, um zu schwimmen.) Die Aktion von einem gewissen NUG ist freilich ein bissl befremdlich. Vor allem, dass das seine Diplomarbeit ist: "Territorial Pissing." Er hat einen U-Bahn-Waggon versaut (mit dem Urin der Künstler: mit Farbe), und um auszusteigen, hat er eine Scheibe eingeschlagen. Die Putzfrau (die Banausin) wird dann wohl nicht ehrfürchtig geseufzt haben: "Jö, die Sixtinische Kapelle des dritten Jahrtausends!" Was lernen wir daraus? Kunst ist nie das perfekte Verbrechen. Weil die Künstler immer voll geständig sind. (Nämlich stolz auf ihr Werk.)

Gabriele Senn Galerie

Schleifmühlgasse 1a, 1040 Wien

"Search, Build And Destroy", bis 4. September

Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15 Uhr

Das Runde muss rein

Aufzählung (cai)Bälle sind Schusswaffen. Damit kann man sicher wen erschießen. Aber wenn Bernhard Hosa exotische Bälle aus Amerika (nämlich vom Baseballspiel) rumkugeln lässt wie die Paradeiser beim Angriff der Killertomaten, fragt man sich halt: Warum keine heimischen Fußbälle ? Weil Wien jetzt doch Chicago geworden ist? Einen Holzstoß hat’s total zerbröselt, als hätt’ so ein Baseballerl eingeschlagen wie ein Meteoritund wär’ dabei verglüht. Und neben einer Ausgabe des"Kriminologischen Journals", wo über kaputt gemachte Fenster berichtet wird, pickt ebenfalls eins. Eigentlich ziemlich elegant, mit diesem an sich harmlosen Sportgerät den städtischen Aggressionsabbau zu verarbeiten. Statt der ominösen Flasche mit der verdächtig gelben Flüssigkeit hätte Hosa ja auch eine banale Spraydose ins Eck stellen können (weil Graffitisprühen so was wie Abreaktionspinkeln ist). Hat er aber nicht.

Startgalerie im MUSA Museum auf Abruf

Felderstraße 6 – 8, 1010 Wien

Bernhard Hosa: "Zero", bis 2. September

Di.–Fr.: 11–18Uhr,Do.:11–20Uhr, Sa.:11– 16 Uhr

Den Himmel ertränken

Aufzählung (cai)"Le ciel est bleu et l’eau aussi" – der Himmel ist blau und das Wasser auch. Hm. Auf Französisch klingt das irgendwie poetischer. Auf Deutsch hört sich das so prosaisch an wie: "Die Barbie ist blond und das Bier sowieso." Beim Auftragen der Farben zieht Katharina Prantl aber wirklich alle Register. Ja, oft erstarrt bei ihr alles in dekorativer Anmut. Doch dann streut sie Sand so unglaublich delikat aus, da möchte man nur noch sein Erspartes zusammenkratzen, damit man sich das Bild jeden Tag anschauen kann.

Galerie Frey

Gluckgasse 3, 1010 Wien

Katharina Prantl, bis 10. September

Mo. – Fr.: 11 – 19 Uhr, Sa.: 10 – 16 Uhr



Printausgabe vom Mittwoch, 01. September 2010
Online seit: Dienstag, 31. August 2010 16:40:00

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