Vera Isler zeigt Künstler auf Augenhöhe
„Face to Face“. 54 lebensgroße Porträts berühmter bildender Künstler sind im Rupertinum vereint.
GUDRUN WEINZIERL SALZBURG (SN). In der Kunstszene haben sie Namen von Weltruf, ihre Werke befinden sich in den führenden Museen und Galerien. Wie aber beispielsweise Keith Haring oder Jason Rhoades – beide sind jung gestorben – aussahen, wissen viele nicht. Diesem Umstand, dass in berühmten Künstlern auch individuelle Menschen stecken, ist die Fotografin Vera Isler gefolgt. Sie hat sich für moderne Kunst interessiert und wollte auch die Künstlerinnen und Künstler selbst kennenlernen und fotografieren.
Als Erstes jener im Salzburger Rupertinum ab heute, Samstag, ausgestellten Porträts entstand 1985 das Bild des jungen Keith Haring, der vier Jahre später an Aids gestorben ist. Die jüngste der Aufnahmen zeigt Jason Rhoades im Jahr 2004, zwei Jahre vor seinem Tod. In den zwei Jahrzehnten dazwischen hat Vera Isler die Welt bereist, ist zwischen ihren Lebensräumen Basel und New York gependelt, hat porträtiert. Der Kontakt zu den Künstlern ist ihr leicht gefallen: „Ich habe sie angerufen, brauchte nie zu schreiben oder die Vermittlung anderer. Dann habe ich sie in ihren Ateliers aufgesucht, am Ort ihres beruflichen Umfelds. Ich wollte keine Posen, sondern sie natürlich, persönlich erfassen, auf den bestimmten Moment warten, in dem sich meine Idee von diesem Menschen manifestiert.“
Die ausgebildete medizinische Laborantin war in jungen Jahren in anderen künstlerischen Metiers tätig: „Thematisch war es ein Visualisieren der Genetik, formal waren es stets plastische Arbeiten, Textilarbeiten einerseits und stark seriell konzipierte Reliefs, klein- bis extrem großformatig, die ich aus Abfallstoffen fertigte. Dieses Kartonmaterial ist mir im Beruf zuhauf begegnet, ich habe diese Werkgruppe ,Programmierungen‘ genannt, weil es stark mit Ordnungen und Schichtungen zu tun hatte“, sagt Vera Isler.
Alle Künstler sind schwarz-weiß, sitzend oder stehend als Kniestücke porträtiert. Die Neugier auf Menschen war Vera Isler schon immer gegeben, aber erst spät – als rund Fünfzigjährige – hat sie sich, bedingt durch einen Unfall, der Fotografie zugewandt und „die Kamera zum Freund gemacht“. Aus der Schweiz kommend, wollte sie in New York radieren lernen, hat sich die Hand gebrochen und konnte vorerst nur die Kamera betätigen. „Ich ging sehr nah an die Menschen und an die Situationen heran, habe Personen am Rand der Gesellschaft gesucht, in Los Angeles und San Francisco die Gay Paraden besucht, in der Schweiz die Autonomen Jugendzentren reportiert.“
Nach den Jungen kamen die Alten: Ihr Buch „Schaut uns an“, mit Personen, deren jüngste 80 und deren älteste 108 Jahre alt war, wollte zunächst niemand verlegen. Nach seinem Erscheinen war es aber in kurzer Zeit vergriffen. „Erst die 80-Jährigen stehen zu ihrem Alter, sind stolz drauf, noch zu leben“, sagt Vera Isler, quirlig und 2011 ebenfalls 80-jährig. Bis 2. Oktober