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Kunstberichte

Nieder mit den Schwellen!

Macht Platz auf den Wänden: Im Windschatten von "Viennafair" und "viennaartweek" boomt günstige Kunst
Illustration
- Kunst zwischen Wühltischen und Supermarktkassen.  Foto: M-ARS Kunstsupermarkt

Kunst zwischen Wühltischen und Supermarktkassen. Foto: M-ARS Kunstsupermarkt

Von Julia Urbanek

Aufzählung Leistbare Kunst für alle liefern zwei neue Initiativen.
Aufzählung Kunstsupermarkt im siebten Bezirk.
Aufzählung Künstlerhaus: Oberhuber-Werke um 70 Euro.

Wien. Eine Kassa, ein Förderband, Einkaufswagen und Wühltische – alles, was ein Supermarkt braucht.

Nur dass in den simplen Stellagen hier in der Westbahnstraße keine Essiggurkerl und Spaghettisaucen auf Konsumenten warten, sondern Kunstwerke. Malereien, Fotokunst, Skulpturen – alles stilecht mit Strichcode und Preis (zwischen 9,90 und 890) versehen. Gleich neben einem echten Supermarkt, mitten im Bobo-Viertel des siebten Bezirks, ist er gelandet: "M-ARS", der neue Kunstsupermarkt. Eröffnet wird am 26. April, die "Wiener Zeitung" hat bereits einen ersten Blick in den Laden geworfen.

Niederschwelligkeit ist hier das Stichwort: Schranken sollen fallen für Kunstinteresse, die sich bisher nicht in eine Galerie trauten oder sich Kunst schlicht nicht leisten konnten. Sich Kunst bei "M-ARS" zu kaufen, soll eine echte Alternative zu billigen Klassiker-Reproduktionen aus großen Möbelhäusern sein, erklärt Initiator Christian Smretschnig.

First come, first buy

Niedrig sollen die Schwellen aber auch für die Künstler sein – denn seine Werke einreichen kann prinzipiell jeder. Gatekeeper spielt ein Kuratorium, das jede Menge prominente Namen enthält. Manche wissen gar nichts davon – MAK-Direktor Peter Noever bei der Eröffnung erstaunt: "Ich finde da ja auch meinen Namen auf der Liste", er freute sich dann aber über die Initiative als Alternative zum Galeriengeschäft. Dort erhalten die Künstler nur 50 Prozent des Preises ihrer Bilder - im Supermarkt sind es immerhin 65 Prozent. 30 Bewerbungen von Künstlern kommen zur Zeit pro Woche.

Wer es tatsächlich in die Geschäftsregale schafft, kann es sich dort maximal 45 Tage gemütlich machen – danach wird ausgelistet. Bewegung ist dem Supermarkt-Chef Smretschnig wichtig. Von dieser wird auch die Qualität des Angebots abhängen: Viele Künstler werden ihre Werke vielleicht erst einreichen, wenn sich das Projekteinen Namen gemacht hat. Ein Besuch im "M-ARS" zahlt sich aber jetzt schon aus.

"Kunst für alle!" fordert der Supermarkt die Öffnung auch für "nicht-elitäre Schichten". "Afford Art!" ruft das Kunstprojekt "ARTmART", das am 25. April im Wiener Künstlerhaus startet. Das Konzept ist so einfach wie reizvoll: Über 2000 Werke von 200 Künstlern um je 70 Euro. Ab 13 Uhr heißt es "first come, first serve": Eine Woche läuft das Ausstellungsprojekt dann – wer erst am Wochenende Zeit findet, wird für Highlights wie sieben Werke von Oswald Oberhuber wohl schon zu spät sein. Eine vollständige Künstlerliste findet sich aber auf http://www.artmart.at.

Zielgruppe sind hier ebenfalls jene, denen bisher finanzielle oder sonstige Hürden den Weg in die Galerie verwehrten, und interessierte Einsteiger, die so ihr erstes Kunstwerk erstehen können. Zielpublikum sind aber auch die Künstler selbst, die untereinander tauschen können. Galeristen und Sammler wird man in der Tiefpreiszone aber sicher auch antreffen.

Wer sich für ein Bild (jeder Künstler reicht sieben Bilder ein) entscheidet, zahlt eine Einlage von zehn Euro, ein roter Punkt kennzeichnet das verkaufte Bild. Abgeholt wird am Ende der Ausstellung am 1. Mai. Vorbild für das Projekt ist Griechenland, wo derartige Ausstellungen bereits seit 1995 unter dem Namen "CHEAPART" veranstaltet werden – durch die Kooperation ist das "Gastland" in Österreich nun auch mit 70 Künstlern vertreten.

Kunst um 9,99 Euro aus dem Supermarkt? Mon Dieu! Wer das Problem hat, dass ihm das einfach zu billig ist, dem kann auch geholfen werden: Am 23. April startet die viennaartweek, am 26. April schlägt am Messegelände die Viennafair, die Messe für zeitgenössische Kunst, ihre Zelte auf. Und da findet sich doch bestimmt auch etwas Teureres. Und so sind wieder alle glücklich.

Günstige Kunst

M-ARS

Der Kunstsupermarkt

7., Westbahnstraße 9

Mo-Mi 10 bis 19 Uhr,

Do und Fr 10 bis 20 Uhr,

Sa 10 bis 18 Uhr

http://www.m-ars.at

ARTmART

25. April bis 1. Mai

tgl. 10 bis 20 Uhr,

Mi und Do bis 21 Uhr

freier Eintritt

Künstlerhaus k/haus

Donnerstag, 19. April 2007


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