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08.05.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kunstraum
Layr: Wüstenhagen: Wie exklusiv! - Galerie Bleich-Rossi: Wie wahr!

Für seine erste Einzelausstellung in Wien hat der Portugiese Joao Pedro Vale (*1976) das Inventar von Kunst- und Wunderkammern studiert. Als Vorläufer heutiger Museen im Europa des 16. Jahrhunderts entstanden, galten diese vor allem dem Adel als Aufbewahrungsstätte für besonders preziöse oder seltene Objekte der Kunst und Natur. Aufwendige Drechselarbeiten aus Elfenbein, kunstvoll gravierte Vogeleier und kostbar gefasste Kokosnüsse gehörten zu den beliebtesten Stücken dieser Raritätenkabinette. Auf derlei bezieht sich nun Vale mit 13 Objekten und stellt ihnen ein Motto des kunstversierten Kaisers Maximilian voran: "Je seltener umso besser". Was aber zunächst so exklusiv anmutet, entpuppt sich bald als bizarres Kunsthandwerk, das so gar keiner luxuriösen Materialien bedarf. So ist der Nautilus, ein maritimes Fossil, aus Jeansstoffen gefertigt und abgesehen von der ihn krönenden Straußenfeder mit Cent-Münzen sowie goldenen Reißnägeln verziert (3300 €). Kork, Acryl und Zahnprothesen sind die Bestandteile aus denen eine Korallenformation entsteht (2500 €). Strümpfe, Perlen, goldene Nähte schmücken ein stoßzahnartiges Gebilde. Und azurblaue Zigarettenpackungen in ornamentale Kleinteiligkeit zerschnipselt, auf runder Holzplatte montiert, sehen traditionellen Intarsienarbeiten zum Verwechseln ähnlich. Doch Joao Pedro Vale geht es nicht um die Täuschung, zu offensichtlich ist seine Affinität zu Materialien des Alltags. Vielmehr gelingt ihm eine intelligente und humorvolle Unterwanderung von Hierarchien: Luxus- versus Massenware, Glamour versus Trash. (Bis 27. 5., An der Hülben 2,Wien 1)

Galerie Bleich-Rossi: Wie wahr!

Jörg Schlick (1951-2005) war stets ein in viele Richtungen Denkender. Er arbeitete als bildender Künstler, Autor, Kurator und Musiker. Die Arbeiten für diese Schau schuf er in seinem letzten Lebensjahr und wie all seine Projekte ist auch dieses von einem poetisch-humoristischen Titel begleitet: "Über die Fuge und ihr Stolpern innerhalb der Malerei" erzählt uns eine Reihe von Bildern, die in Kollaboration mit Schlicks Studenten an der Grazer Fachhochschule entstanden sind. Ausgehend von einer Bach-Fuge wurden mittels Digitaldruck farblich unterschiedliche, horizontal geschichtete Streifen appliziert. Diese klangfarblichen Strukturen erinnern an eine Reihe von Künstlern zu Beginn des 20. Jahrhunderts wie Kandinsky, Klee, Itten, Moholy-Nagy. Auch sie waren an synästhetischen Konzepten, am Verhältnis zwischen Musik und Malerei, interessiert. Doch bei all der Systematik, die ein solcher Ansatz impliziert, stand auch hier, wie so oft bei Schlick, der Zufall, die Spontaneität Pate. Und diese tut sich in exzentrischen Airbrush-Schleifen kund, die das wohl strukturierte Gefüge durchbrechen. Heideggers existenzphilosophischem Werk "Sein und Zeit" ist eine weitere Serie gewidmet. Auf monochromem Bildhintergrund lesen wir Schlicks Essenzen daraus, wovon eine lautet: "Wollen ist Ursein". Wie wahr! (Bis 1. 6., Dominikanerbastei 19, Wien 1). Manisha Jothady

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