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Quer durch Galerien

Oh, die Sintflut ist ja gar nicht nass

Von Claudia Aigner

Das österreichische Webverzeichnis!Die Vertikale ist sehr beliebt. Das erkennt man schon an den vielen Handymasten. Nämlich dass sie fast schon religiös verehrt wird. Immerhin ist sie ja die Achse der Transzendenz, die bevorzugte "Bet-Richtung", wenngleich die Heilige Dreifaltigkeit vielleicht ohnedies keinen Festnetzanschluss hat, sondern ihre Erreichbarkeit überallhin und nicht nur in den Himmel mitnimmt. (Und selbstverständlich will ich nicht andeuten, die Werbung eines gewissen Handybetreibers versuche insbesondere gläubige Christen zu ködern, die ja das Gehör der Trinität suchen, die schon zu dritt ist, wenn sie mit sich noch ganz allein ist. Ich meine den Sondertarif für netzinternes Telefonieren mit drei "Friends".)
Und bekanntlich ist die Vertikale auch die Achse der Potenz, wo ja ebenfalls eine mehr oder weniger vertikale Senkrechte zum Zenith aufsteigt (tendenziell jedenfalls). Aber dass der Donauturm oder gar der Südturm vom Steffl Ausdruck des Imponiergehabes der Männlichkeit wären, kurz: Erektionen, ist immer noch nicht unwiderlegbar, also ohne die Möglichkeit, in die Berufung zu gehen, bewiesen. Wenn ich freilich noch ein Indiz anfügen dürfte: Die beiden Phalli, die vor einem heidnischen Tempel in der legendären Stadt Hieropolis einstens der Anbetung harrten (und dann und wann sogar erklommen wurden wie übrigens auch der Südturm unseres Stephansdoms, der allen Touristen, die gut zu Fuß sind, seine Stufen leiht), diese phallischen "Twintowers" also waren fast exakt so hoch wie die beiden Türme von Notre Dame in Paris. Ein Zufall?
Und läuft die exponentielle Vermehrung der Handymasten auf einen flächendeckenden Lingamkult hinaus? Und die mütterlich empfangenden Satellitenschüsseln, die dazu da sind, dass die ORF-Gebührenzahler die Programmsuppe mit ihrer Fernbedienung, ihrem "Essbesteck", auslöffeln, die ihnen das Satellitenfernsehen eingebrockt hat, sind die das weibliche Gegenstück zu den unentwegt sendenden Fernsehsendern und Handymasten? Und ist die Sintflut heutzutage nicht einmal mehr nass? Weil wir in staubtrockenen Ultrakurzwellen und anderen Wellenlängen ertränkt werden? Ich glaube: ja.

Galerie Hohenlohe & Kalb: Der Materie davonkraxeln

Roland Kollnitz hat einen ausgeprägten Hang zur Vertikale. Das sieht man gleich, wenn man bei Hohenlohe & Kalb (Bäckerstraße 3) reinschaut und, ob der unterschwellig anatomischen Reize, sinniert: Heißt die Ausstellung (bis 5. November) deshalb "Spielbein", um den Spieltrieb des dritten männlichen Beines damit kultiviert zu umschreiben, dessen verspielte Beinarbeit? An Priapismus würde dann einer leiden, der ein chronisches "Standbein" hat.
Wie auch immer: Kraft seiner Schwellkörper (ich meine natürlich seine Muskeln, seine jugendfreien Schwellungen) hat Kollnitz, der bestimmt ein begnadeter Maibaumkraxler und Himmelsstürmer wäre, seiner Sehnsucht nach oben schon nachgegeben. Seine Diplomarbeit 1995 war schließlich eine Kletterstange, die er mit einem Gipfelsieg krönte, nämlich mit sich selbst. Der Versuch einer Himmelfahrt? Die totale Abstraktion der Himmelsreise eines Schamanen, der ebenfalls der Materie und der Schwerkraft davonklettert? Ein Symptom der Gottessuche (und weiter oben hat man einfach einen besseren "Empfang")? Oder eine Feier der Männlichkeit? Das muss ich dahingestellt lassen.
Seine minimalistischen, lakonisch senkrechten Masten mit "anthropomorphen" Namen wie Iris oder Yvonne könnten zumindest Abgesandte seiner "Ur-Stange" von 1995 sein. Wie alle seine Skulpturen zeichnen auch sie sich durch eine gewisse Schusseligkeit und Billigkeit aus (bei gleichzeitigem wohligem Perfektionismus bei der Anordnung der oft schäbigen und dann wieder "aalglatten" Materialien). Ein durch und durch ambivalenter Eindruck also. Momenterl. Ist Yvonne, dieser Strich im Raum, der sich oben dreifach gabelt, nicht eindeutig (trotz des weiblichen Taufnamens) die germanische "Man-Rune", mit der Grundbedeutung "der Mann, der seine Arme flehentlich zu den göttlichen Mächten emporhebt"? (Der mittlere "Gabelzinken" ist der Kopf.)
Und die drei Stahlstaberln, die in der Mitte durch ein Ringerl zusammengehalten werden und oben und unten raumgreifend auseinandergehen? Zweifellos das Yin-Yang-Zeichen der alten Germanen. Das Klebeband, das wie beiläufig danebenliegt, soll ein "Gimmick" sein, eine die Kaufkraft anlockende Beigabe. Oder ist gleich das ganze Kunstwerk das Werbegeschenk, das lediglich den Sockel reißerisch bewirbt? Dann hieße das: Der Sockel kostet 2.400 Euro, und Yin und Yang und das Klebeband gibt's gratis dazu. Der revolutionär (pardon:) verarschende Gedanke gefiele mir außerordentlich. Jene Zugaben, die auf den drei Tischerln daneben wie autoritäre, "erigierte" Zeigefinger emporragen (ein geradezu phallischer Skistecken zum Beispiel), sollen ja auch nur die Aufmerksamkeit auf die Beistelltischchen lenken. Tja, Sex sells.

Fotogalerie: Ich, ich und mein Ego auch noch

Ein Pailletten-Top ist eine halbe Himmelfahrt, ein Pailletten-Kleid fast eine ganze. Pailletten, diese aufreizend schillernden Dinger, sind ja tatsächlich eine Form der Entrückung (jemanden durch Lichtreflexe ein bissl zu verklären). Sissi Farassat, die ihre eigene Religion ist und sich selbst meist genug ist (entlarvender Bildtitel: "Ich, ich, immer ich"), aber trotzdem auch ein paar andere Frauen fotografiert, bestickt nicht die Abgelichteten selbst aufwändig mit den Plättchen in angeberisch diesseitigen Farben, sondern den Hintergrund. Eine kitschig süffige Glamour-Aura. Eigentlich die Säkularisierung des Goldgrundes vom mittelalterlichen religiösen Tafelbild, vom überirdisch schimmernden Gold. Leider gesellt sich zur Akribie des Stickens zu oft eine leichtfertige schnappschüssige Familienalbumästhetik.
Neben der totalen Oberflächlichkeit Farassats (bis
3. November in der Fotogalerie, Währinger Straße 59): Midori Arakis Rückzug in den Innenraum (auch die Psyche ist ja ein solcher): in eine ziemlich "psychologische" Spiegelbox, in der man mit sich selber gleich mehrmals allein ist und von der Reizüberflutung namens Leben heimgesucht wird. Eine schmelzende Stimme (zwischen einem glockenhellen Sängerknaben und einem "Elfensopran"), Klaviermusik, dazu werden flüchtige Bilder ins Spiegelkabinett hineinprojiziert und flackern da herum: Naturidylle, Disco-Hektik, Farben. Ach, man hätte ihr echte Spiegel als Wandverkleidung gönnen sollen, nicht bloß Spiegelfolie, die vergleichsweise nebulos ist.

Erschienen am: 29.10.2004

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