Wolfgang Waldner über Kehrtwendungen, Flurbereinigung und
Kombi-Tickets
Die Presse: Wenn man die einstige Vision des
Museumsquartiers betrachtet, könnte man sagen, Sie verwalten eine
Niederlage . . .
Wolfgang Waldner: Diese Niederlage hat sich aus meiner
Sicht in einen Sieg verwandelt. Wenn Sie meinen, dass es lange gedauert
hat, haben Sie Recht.
Sogar KHM-General Wilfried Seipel, wohlwollender Nachbar,
meinte, offensichtlich habe das MQ seinen Platz nicht gefunden.
Waldner: Dann ist er offensichtlich nicht oft hier. Wir
hatten 1,1 Millionen zahlende Besucher im ersten Jahr und 900.000
Areals-Besucher. Wenn der Wind pfeift, ist auch am Maria-Theresien-Platz
niemand.
Ein Problem für viele Nutzer scheint zu sein, dass Sie
durch das Quartier 21 auch selber programmatisch aktiv sind.
Waldner: Das sind die Funktionen, die im
Gesellschaftsvertrag festgelegt sind - Errichtung, Management,
Bewirtschaftung und das Durchführen von Veranstaltungen.
Sie sind also der Hausmeister.
Waldner: Unter anderem - und das ist nicht lustig,
streckenweise.
Es ist sicher auch nicht lustig, mit den Mietern im
Dauer-Clinch zu liegen.
Waldner: Von den 45 sind das drei bis sieben, in
wechselnden Konstellationen.
Das Quartier 21 wird sehr ambivalent angenommen. Warum?
Waldner: Das führe ich auf die komplexe Struktur zurück.
Die 33 Nutzer und Mieter waren bis jetzt zufrieden.
Es soll hier die Illusion der Freien Szene gegeben
werden, was ein Widerspruch ist zu dem fix vorgegebenen Rahmen.
Waldner: Es ist niemand gezwungen, hier zu sein.
Natürlich schaut das ganze ein bisschen gekünstelt aus - es wurde auch
künstlich geschaffen aus einer vorhandenen Situation. Wir konnten die
Räume nicht verändern. Das ist nur ein Versuch. Es gab auch Stimmen aus
dem Bund, die sagen, wir haben von 60.000 Quadratmeter bereits 52.000
kulturell genutzt, also nutzen wir die letzten total kommerziell.
Ein Problem des Areals ist die Vermarktung. Als
Verlagsgruppe etwa würde ich auch nicht mich selbst vermarkten, sondern
meine besten Produkte.
Waldner: Da haben Sie Recht. Aber ich bin mit dem Auftrag
gekommen, eine Dachmarke zu schaffen. Das war nicht zu verwirklichen. Wir
sind dann zum Wort "Standort-Marke" gekommen und bewerben nicht die
Inhalte, sondern den Ort. Erst in letzter Zeit fragen die Nutzer, wo ihre
Inhalte sind. Das ist ein Schwenk um 180 Grad.
Außen liest man groß "MQ". Darunter kann sich ein
Ortsfremder wenig vorstellen.
Waldner: Wir haben zur Lösung einen Wettbewerb
vorbereitet, Vorsitzender wird Wolf D. Prix sein. Es ist der letzte
Brocken, den wir zu bewältigen haben - die Hof-Bespielung ist abgehakt.
Jetzt können alle Nutzer die Höfe unentgeltlich benützen.
Wissen die Nutzer das auch?
Waldner: Natürlich. Sie müssen sich nur anmelden. Es gibt
Vorrang für kulturelle Projekte und die der Nutzer. Gegenleistung ist,
dass Sie uns als Kooperationspartner nennen. Wenn ich Anmeldungen für
kommerzielle Projekte bekomme, behalte ich mir aber vor, diese
vorzuziehen.
Sie haben doch einen guten Überblick über die
Museumslandschaft. Sehen Sie einen Repositionierungs-Bedarf?
Waldner: Dass eine Flurbereinigung notwendig ist, liegt
auf der Hand. Das ist eine Auswirkung der Ausgliederung und
Vollrechtsfähigkeit. Das steckt noch in den Kinderschuhen. Sicher können
wir nicht die einzelnen Häuser, die disloziert sind, zusammenlegen. Es
können nur Betriebsgemeinschaften sein, mit gemeinsamer Verwaltungen,
Marketing.
Sie könnten doch gleich alle übernehmen, Sie sind das
doch schon gewohnt!
Waldner: Ich werde mich hüten, so etwas zu sagen. Aber es
gibt viele Möglichkeiten zusammenzuarbeiten.
Was wäre eine richtige Strategie?
Waldner: Solange es etwa keine gemeinsam Kombi-Karte für
die Wiener Museen gibt, wird es immer Aufholbedarf geben. In Berlin gibt
es eine Kombi-Karte um sieben oder neun Euro. Soviel zahlt man allein in
der Albertina oder dem Leopold Museum. Bei uns kostet eine Karte für fünf
Institutionen 26 Euro. Solange jeder einzelne glaubt, er ist wichtiger als
alle anderen, und keinen Discount auf seinen Eintrittspreis gibt, wird es
nicht funktionieren. Das ist die Situation, die wir hier haben.
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