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Kunstberichte

Archetyp des Museums einer neuen Generation

Zum 35-Jahr-Jubiläum zeigt die Sammlung Essl "Passion for Art"
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Wenn der erotische Funke der Leidenschaft mit Kunst des Gedenkens an die "Zeit im Bild" zusammenkommt, sind die Sammler Agnes und Karlheinz Essl nicht weit.

Nahe Wien haben sie nicht nur 6000 Kunstwerke versammelt, sondern aus einem geplanten Depot eines der schönsten Museen für Gegenwartskunst wachsen lassen: Dessen Architekt Heinz Tesar ist zuletzt übrigens auch für den Umbau des Bodemuseums nach Berlin bestellt worden.

Die Kunst ist 1957 in den USA beziehungsstiftend für das Ehepaar gewesen, und wie stabil und dauerhaft diese Zuneigung ist, wird mit der Jubiläumsschau klar. Als eigener Kurator jongliert der Hausherr mit Themengruppen wie "Home sweet home", "Kreis Saal", "Körperexistenz", "Galerie Sex" oder "Witz trotz Kunst" und "Farbrausch".

Sicherer Geschmack

Das Leitsystem des Architekturbüros "propeller z" verweist noch einmal auf den richtigen Spürsinn in architektonischer Wahl. Aus rund 6000 Exponaten nur 400 von 160 Künstlern auszuwählen, war sicher keine leichte Entscheidung. Ganz nebenbei fällt aber das Bekenntnis, dass sich der Geschmack bei der Auswahl gewandelt hat. Dennoch bleiben auch Blindgänger Teil der Sammlung und werden nicht verkauft.

Vom österreichischen Schwerpunkt kam mit der Öffnung des Ostens eine Erweiterung, die auch den Balkan – angeregt durch den charismatischen Harald Szeemann –, aber auch China und Australien mit einschließt. Seit den beiden ersten großen Ausstellungen im Kunstforum 1991 und im Künstlerhaus 1996 hat sich, trotz aller Breite, eine geradezu grundlegende Veränderung hinsichtlich der Qualität in die Tiefe vollzogen.

Nachdem die Essl-Sammlung nicht ins Museumsquartier einbezogen wurde, entstand 1987 mit dem Schömer-Bürohaus Tesars Klein-Guggenheim nach einem Wettbewerb. Man begann mit Ausstellungen und Konzerten, als Beispiel seien die "Artistinnen" der verstorbenen Kuratorin Gabriele Bösch genannt; das Haus ist in die Jubiläumsschau einbezogen.

1999 kam die Eröffnung des nun als Essl Museum bezeichneten Baus, in dem zuletzt "China now" oder Fotografie und die Leipziger Schule neben Personalen von Maria Lassnig, Valie Export, Elke Krystufek oder Siegfried Anzinger und Marie-Louise Lebschick auffielen.

Als zweites Modernes Museum am Rande Wiens nimmt man hier die Gegenüberstellung internationaler Kunst von Francis Bacon, Gerhard Richter oder Anselm Kiefer mit Österreichern wie Peter Pongratz, Eva Schlegel, Birgit Jürgenssen und Katrin Plavcak ernst. Interventionen von Esther Stocker oder Damien Hirst und David Bailey zeigen, dass weder Tabubrüchen noch gesellschaftspolitische und moralische Anliegen die Essls schrecken können.

Passion for Art

35 Jahre Sammlung Essl

Kurator: Karlheinz Essl

Essl Museum

Zu sehen bis 26. August

Kunstfeuer.

Donnerstag, 15. März 2007


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