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14.09.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Spektakulär authentisch
VON JENS E. SENNEWALD
Paris. Die Königin der Kunstsalons im Grand Palais.

Der Islam ist öd und grau. Das Vorurteil verdankt die Hochkultur, die über Jahrhunderte für Reichtum und Schönheit stand, dem Terror und seinen Kriegen. In Paris kann man es heuer zumindest partiell revidieren: Zum ersten Mal ist die Galerie Kevorkian, seit 1923 mit islamischer und alter Kunst des Nahen Ostens in Paris ansässig, auf der Biennale des Antiquaires vertreten. Leiterin Corinne Kevorkian ist engagiert: "Wir suchen hier ein neues, junges Publikum."

Verjüngung ist überhaupt das Schlüsselwort dieser 23. Biennale, die nach sechs Jahren im Carrousel du Louvre nun mit 107 Ausstellern aus 44 Ländern auf 4000 m2 unters Glasdach des Grand Palais zurückkehrt - wie es auch die Pariser Messe für aktuelle Kunst FIAC (26.-30. 10.) tun wird.

Unter den aus mehr als 300 Anfragen ausgewählten Galerien sind viele, die wiederkommen. Anne-Sophie Duval bringt nach zehn Jahren Abwesenheit den Trend zum Bauhaus-Design mit. Unter den 26% Neuzugängen trägt die Wiener Galerie Sanct Lucas zur Wiederentdeckung der Alten Meister bei. Ebenfalls angereist ist Wolfgang Bauer (Bel Etage), Spezialist für Wiener Werkstätte, der mit spektakulär authentischen Möbeln aus den 1910er-Jahren aufwartet: Sie kommen direkt aus der Wohnung ihres Designers Otto Wagner in der Döblergasse 4.

Alte Größe beweist die Galerie Vallois mit einer außergewöhnlichen One-Man-Show des einflussreichen Pariser Möbeldesigners der 30er-Jahre, Jean-Michel Frank. Rothko bei "L&M Arts", Dubuffet bei "Brame & Lorenceau" oder Fontana bei "Moretti" bringen auch jüngere Kunst auf die Biennale. Ein Trend: Gerade hat das Auktionshaus Sotheby's seine Pariser Abteilung für Zeitgenössisches stärker aufgestellt.

Im Grand Palais spannt sich der Bogen schöner teurer Dinge über drei Jahrtausende. Solche Werte wollen gut gesichert sein: Dreimal musste Chefdekorateur Jean-François Graf seine Pläne revidieren, bis die teuren Stände (1250 Euro pro m2) den Sicherheitsbestimmungen genügten.

Diese Biennale der Antiquare aber ist nur ein Highlight im Pariser Kunstherbst. Die angereisten Sammler werden allein in der Eröffnungswoche Tizian im Musée du Luxembourg, das neue Musée des Arts décoratifs im Louvre, die "Perses Sassanides" im Musée Cernuschi und "5.000.000.000 d'années" im Palais de Tokyo besuchen können.

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