26.04.2002 00:18:00 MEZ
Die beste Form von Kommunikation
Independent-Comic- Pionierin Trina Robbins & Co in der Secession + mehr als 80 Links

Wien - Was ein guter Comic für sie sei? Die Antwort kommt schnell: "Eine Kombination aus guter Story und toller Optik. Und humorvoll." Trina Robbins spezialisiert sich hauptsächlich auf Comics, vor allem die von Frauen. Die Pionierin der US-Underground-Comics, die in den 70ern das "Wimmins Comix Collective" als Alternative zu den Robert Crumbs dieser Welt ins Leben rief, Anthologien zur weiblichen Comicgeschichte zusammenstellte und nun etwa für GoGirl verantwortlich zeichnet, stellt nun in der Secession Originale von über 60 US-Zeichnerinnen aus, von den 20er-Jahren bis heute.

"Das sagt einiges aus über das Bewusstsein der Länder, dass die Ausstellung nach Europa gehen muss, um dann in den USA gezeigt zu werden", so Robbins mit ironischem Unterton. Die Situation für Comics abseits der großen Labels Marvel oder DC, die Superheroes für meist männliche Leser produzieren, sei bedenklich: "Für unsere Art von Comics gibt es in den Staaten nur einen einzigen Vertrieb. Wenn der Nein sagt, hat man kaum Chancen."

Den früheren Comics der ausgestiegenen Kunststudentin, die 1970 von New York ins hippieske San Francisco übersiedelte und dort hängen blieb, scheinen auf den ersten Blick viele Stereotype innezuwohnen. Pastellfarben und nette Mädchen spielen die Hauptrolle.

Robbins findet das kein Problem, auch bei ihrer von 1990 bis 1995 dauernden Auftragsarbeit für den Barbie-Produzenten Mattel, mit einigen Zeichnerinnen Barbie-Comics zu erfinden: "Junge Mädchen lieben es, hübsche Protagonistinnen zu sehen. Dass diese Figuren hübsch sind, macht ja nichts, wenn es sich nicht auf das allein reduziert. In den Barbie-Comics konnten wir etwa Anorexie thematisieren - solange sie lächelten und schön waren."

Sind Comics von Frauen anders? In einem macht Robbins tatsächlich Unterschiede zwischen den Geschlechtern fest: andere Themen. Und: "Wenn Sex bei Frauencomics eine Rolle spielt, bleibt er immer Teil einer gesamten Geschichte." Bei Männern, äh, anders.

Heute gibt es mehr Comic- zeichnerinnen denn je, die sich aber im Gegensatz zu vielen Männern mit Brotjobs über Wasser halten müssen, meint Robbins. In den 40ern und 50ern hätten mehr Frauen Comics zugesprochen, die Situation habe sich umgekehrt. Weibliche Role-Models heute finden sich etwa bei GoGirl, wo die "Heldin" fliegen kann, aber sonst gleiche Probleme habe wie alle anderen. Xena, die Warrior Princess, Star einer in den USA ausgestrahlten TV-Serie, sei bei Frauen sehr beliebt. Sie überzeichnet die Figur der idealisierten Sexbombe auf witzige Art.

Europa sei im Bereich der Comics ein anderer Planet, meint Robbins. Hier existierten viel mehr anspruchsvolle Zeichner und Autoren, die Künstler seien und alles andere als sexistische Abziehbilder lieferten. Man nenne nur einen Enki Bilal, Moebius, Alan Moore oder Hugo Pratt.

Was hat Robbins überhaupt zu den Comics gebracht? "Sie sind die beste Form der Kommunikation." Und: "Mich reizt das Untypische. Anfang der 70er waren Comics von Frauen die Ausnahme." Jetzt beschäftigt sich Robbins mit etwas untypisch Weiblichem, den Mörderinnen, und gibt in Kürze ihre auf die USA beschränkten Recherchen heraus. Ihr Buch Göttinnen mit Haltung näherte sich einem weiteren Reizthema. Ein Göttinnenbuch hat sie gleich nach ihrer Ankunft in Wien erworben: Haderer/Menasses "Diana".
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26. 4. 2002)


Quelle: © derStandard.at