text breit  text schmal  
drucken 
Bilder keine Bilder

derStandard.at | derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
06. November 2008
15:53 MEZ

Kein Richter-Interessent, sondern der Meister selbst - vor dem "Abstrakten Bild (702)"


New Yorker Herbstauktionen mit versöhnlichem Finale
"Abstraktes Bild (710)" von Gerhard Richter war eine Ausnahme von der aktuellen Regel der Nachfrageflaute

New York - Das Gemälde "Abstraktes Bild (710)" des deutschen Künstlers Gerhard Richter hat zum Abschluss der Herbstauktionen in New York einen Spitzenpreis erzielt. Das zunächst nur auf 10 Millionen Dollar geschätzte Werk von 1989 gingam Mittwoch nach einem spannenden Bieterwettbewerb für 14,9 Millionen Dollar (12 Millionen Euro) an einen anonymen Käufer. Es war damit das teuerste Werk des Abends. Eine frühere Arbeit Richters, "Ozu (597)" von 1986, blieb dagegen unverkauft liegen. Christie's hatte sich Einnahmen von bis zu 15 Millionen Dollar erhofft.

Auch sonst gab es bei der Versteigerung zeitgenössischer Kunst erneut Licht und Schatten. Ein als Meisterwerk gelobtes Selbstporträt von Francis Bacon aus dem Jahr 1964 fand ebenfalls keinen Interessenten, obgleich Christie's mit Einnahmen von 40 Millionen Dollar gerechnet hatte. Die dichte Studie "Untitled (Boxer)" von Jean-Michel Basquiat, die von Metallica-Drummer Lars Ulrich versteigert wurde, lag mit 13,5 Millionen Dollar wenigstens etwas über den Mindesterwartungen. Einen Auktionsrekord für den Künstler brachte mit 5,8 Millionen Dollar das Ölgemälde "Nr. 2" (1959) von Yayoi Kusama.

"Die Ergebnisse zeigen, dass die Käufer auch vor einem schwierigen wirtschaftlichen Hintergrund weiter Kunst sammeln. Sie belegen damit die relative Beständigkeit von Kunst als Wertanlage", sagte Christie's Amerika-Präsident Marc Porter. Insgesamt blieb fast ein Drittel der 75 angebotenen Werke unverkauft. Mit Gesamteinnahmen von 114 Millionen Dollar kam nur halb so viel Geld in die Kassen wie erhofft.

Auch die vorangegangenen Versteigerungen bei Christie's und dem Konkurrenten Sotheby's waren angesichts der Kreditkrise deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Dennoch gab es immer wieder einzelne Highlights. "Der Verkauf hat die Rückkehr des amerikanischen Privatsammlers bestätigt - mit starken Preisen für besonders begehrte Werke", sagte Porter.

Sotheby's am Dienstag

Ein Werk des französischen Avantgarde-Künstlers Yves Klein ist am Dienstagabend in New York bei einer für Sotheby's enttäuschenden Auktion unter seinem geschätzten Wert versteigert worden. Der Werk "Archisponge (RE 11)" mit seinem unverwechselbaren Blau und Naturschwämmen auf Leinwand fand nach Angaben des Auktionshauses für 21,4 Millionen Dollar (16,8 Millionen Euro) einen neuen Besitzer. Es war auf 25 Millionen Dollar geschätzt worden.

Bei der insgesamt hinter den Erwartungen zurückbleibenden Herbstauktion für zeitgenössische Kunst fanden nur 43 der 63 angebotenen Werke für insgesamt 125,1 Millionen Dollar einen Käufer. Sotheby's hatte mit Einnahmen von mindestens 202,4 Millionen Dollar gerechnet. Nach Angaben von Sotheby's Star-Auktionator Tobias Meyer seien die Preise auf das Niveau von 2006 gefallen. "Die amerikanischen Sammler kauften Werke von Qualität mit Intelligenz für den richtigen Preis", betonte Meyer. Und Andrea Jungmann, Managing Director von Sotheby's Österreich: "In Zeiten einer globalen Finanzkrise war eine solche Preiskorrektur zu erwarten, dennoch sind wir mit dem Ergebnis der Auktion zufrieden."

Zu den Künstlern, deren Werke nicht versteigert wurden, gehörte Roy Lichtenstein, der in der Auktion am Dienstag in Manhattan gleich mehrfach vertreten war. Sein Gemälde "Half Face with Collar" wurde auf 15 bis 20 Millionen Dollar geschätzt. Dagegen ging Lichtensteins "Study for New York State Mural" für 3,9 Millionen Dollar weg. Auch Tom Wesselmanns "Great American Nude #21" fand für 4,1 Millionen Dollar einen Käufer.

Höchstpreise für Künstler erzielten allerdings Werke von Philip Guston und John Currin. "Beggar's Joys", ein abstraktes Werk in Rot und Pink aus dem Jahren 1954/55 von Guston, fand für über 10 Millionen Dollar einen neuen Besitzer. Das Currin-Gemälde "Nice'N Easy" mit zwei Frauenakten aus dem Jahre 1999 erzielte einen Rekordpreis von 5,4 Millionen Dollar. Werke des Amerikaners hatte bei Auktionen zuvor nie über eine halbe Million Dollar eingebracht. (APA/dpa)

Diesen Artikel auf http://derStandard.at lesen.

© 2008 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.