Wiener Zeitung · Archiv


Kunstberichte

Auch der Namensvetter war ein großer Architekt

Architektur, Möbeldesign und Mode von Walter, Fridl und Hermann Loos
Das von Walter Loos gebaute Haus von Alexander Zemlinsky.  Foto: AzW, Sammlung

Das von Walter Loos gebaute Haus von Alexander Zemlinsky. Foto: AzW, Sammlung

Von Bernhard Widder

Das Architekturzentrum Wien zeigt bis Ende Mai eine Ausstellung über Leben und Werk des aus Wien stammenden Architekten und Designers Walter Loos (1905 – 1974), dessen Name und Wiener Bauwerke bisher nur wenigen Spezialisten bekannt waren. Der vorrangige Grund dafür liegt in der Emigration von Walter Loos und seiner späteren Frau, der Mode-Designerin Fridl Steininger, im Jahr 1938, die sie über England und New York im Jahr 1940 nach Buenos Aires, Argentinien, geführt hatte.

Walter Loos studierte an der Kunstgewerbeschule, der späteren "Angewandten", bei Josef Hoffmann und Josef Frank, später auch an der Technischen Hochschule Wien. 1925 war er Mitarbeiter von Adolf Loos (die Namensgleichheit ist zufällig und bedeutete keine Verwandtschaft), danach folgten bis 1933 Aufenthalte in Deutschland.

Seine Tätigkeit als planender Architekt begann früh: Ende der zwanziger Jahre entstanden gemeinsam mit Peter Feile Wohnbauten in Würzburg, ab etwa 1930 realisierte er eine Reihe von Wohnhäusern in Wien und Umgebung, etwa zwei kleine Häuser in der Wiener Werkbundsiedlung (1932), das Haus für den Komponisten Zemlinsky (Wien 19, 1932-34) oder das Haus Luser in Kritzendorf (1930-32). Tätigkeiten für den Österreichischen Werkbund und ab 1937 als österreichischer Delegierter der CIAM (Congrès Internationaux d´Architecure Moderne), der an Tagungen in Ungarn und Tschechoslowakei teilnahm, rundeten die frühe Karriere ab, die mit dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland im Jahr 1938 abbrach. Loos lehnte das Angebot einer leitenden Funktion im Wiener Stadtplanungsamt ab und emigrierte mit seiner späteren Frau Fridl 1938 nach England, 1939 nach New York. 1940 wurde Buenos Aires die neue Heimatstadt von Fridl und Walter Loos.

Mode und Möbeldesign

Im argentinischen Exil widmete sich Walter Loos dem Möbeldesign, entwarf Inneneinrichtungen und Modeateliers seiner Frau Fridl. Die Mode-Entwürfe von Fridl Loos (1905 – 2000) folgten einem "Streben nach der Symbiose von Moderne und Tradition", ihre Werke wurden über Buenos Aires bis nach New York und Hollywood bekannt. Einige Beispiele von Kleidungsstücken sind in der Ausstellung gut präsentiert. Das architektonische Œuvre, das Walter Loos in Argentinien realisieren konnte, blieb schmal, zeigt jedoch an den in der Ausstellung präsentierten Wohnhäusern besondere Qualität, die seine frühere, "kontextuale" moderne Arbeit mit dem argentinischen Ambiente verbindet. Bedeutende Bauwerke sind das "Patio-Haus" in der Mar del Plata (etwa 1943) und das Doppelhaus in Chapadmalal in der Provinz Buenos Aires südlich der Hauptstadt.

1950 kam Hermann Loos (1921 – 2004), der jüngere Bruder Walters, nach Buenos Aires, und wirkte als Architekt und Möbeldesigner. Beispiele seiner Arbeit sind in der Ausstellung zu sehen, darunter eine Farbaufnahme einer Gruppe von vier kleineren Häusern in Mar del Plata. Die Ansicht der kleinen Siedlung vermittelt einen sensiblen Umgang mit niedrigen Bauhöhen an einer Hanglage, mit kleinen Höfen und umgebenden Gärten und Erschließungswegen.

Loos retrospektiv

Die Kunsthistorikerin Sonja Pisarik hat in einigen längeren Aufenthalten in Argentinien Leben und Werk von Walter, Friedl und Hermann Loos erforscht und Dokumente gesichtet. Die Darstellung Pisariks ist retrospektiv in dem Sinn, dass die ausgestellten Objekte, abgesehen von originalen Zeichnungen und anderen Dokumenten, vor allem in historischen schwarz-weiß-Aufnahmen präsentiert werden. Ein großformatiges Schwarzweiß-Foto zeigt eine Ansicht einer Hauptstraße von Buenos Aires aus der Zeit der vierziger Jahre. Ein kleiner Querschnitt bedeutender argentinischer Architektur ist auf Video zu sehen, so das "Brückenhaus" in Mar del Plata (1940), ein weiteres Video zeigt Interviews mit früheren Bekannten und Freunden der Loos, die Sonja Pisarik vor wenigen Monaten in Farbe aufgenommen hat.

Die aufwendige Raumgestaltung der Gruppe Artec teilt den Ausstellungsraum des Architekturzentrums mit mehreren Holzwänden in drei Gang-Bereiche. Der Mittelgang enthält eine weitere kleinere Ausstellung, die sich der Darstellung von "Österreichern als Architekten in Lateinamerika" widmet. Dieser Bereich enthält einige informative Tafeln über Architekten und besondere Bauwerke vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart, bietet jedoch keinen größeren Überblick, sondern wirkt fragmentarisch.

Es wäre eine bessere Lösung gewesen, diese Schau erst einmal zu erweitern und zu vervollständigen, was jedoch angesichts des riesigen geografischen Raums von Argentinien oder Chile bis Mexiko ein großes Forschungsvorhaben bedeuten würde. Die kleine Schau bietet davon bestenfalls Stichproben.

Architekturzentrum Wien

(7., Museumsplatz 1; im Museumsquartier)

Tel.: 522 31 15

Laufzeit bis 22. Mai

Sehenswerte Würdigung.

Mittwoch, 08. März 2006


Wiener Zeitung · 1040 Wien, Wiedner Gürtel 10 · Tel. 01/206 99 0 · Mail: online@wienerzeitung.at