Das Architekturzentrum Wien zeigt bis Ende Mai
eine Ausstellung über Leben und Werk des aus Wien stammenden Architekten
und Designers Walter Loos (1905 – 1974), dessen Name und Wiener Bauwerke
bisher nur wenigen Spezialisten bekannt waren. Der vorrangige Grund dafür
liegt in der Emigration von Walter Loos und seiner späteren Frau, der
Mode-Designerin Fridl Steininger, im Jahr 1938, die sie über England und
New York im Jahr 1940 nach Buenos Aires, Argentinien, geführt hatte.
Walter Loos studierte an der Kunstgewerbeschule, der späteren
"Angewandten", bei Josef Hoffmann und Josef Frank, später auch an der
Technischen Hochschule Wien. 1925 war er Mitarbeiter von Adolf Loos (die
Namensgleichheit ist zufällig und bedeutete keine Verwandtschaft), danach
folgten bis 1933 Aufenthalte in Deutschland.
Seine Tätigkeit als planender Architekt begann früh: Ende der zwanziger
Jahre entstanden gemeinsam mit Peter Feile Wohnbauten in Würzburg, ab etwa
1930 realisierte er eine Reihe von Wohnhäusern in Wien und Umgebung, etwa
zwei kleine Häuser in der Wiener Werkbundsiedlung (1932), das Haus für den
Komponisten Zemlinsky (Wien 19, 1932-34) oder das Haus Luser in
Kritzendorf (1930-32). Tätigkeiten für den Österreichischen Werkbund und
ab 1937 als österreichischer Delegierter der CIAM (Congrès Internationaux
d´Architecure Moderne), der an Tagungen in Ungarn und Tschechoslowakei
teilnahm, rundeten die frühe Karriere ab, die mit dem Anschluss
Österreichs an Nazi-Deutschland im Jahr 1938 abbrach. Loos lehnte das
Angebot einer leitenden Funktion im Wiener Stadtplanungsamt ab und
emigrierte mit seiner späteren Frau Fridl 1938 nach England, 1939 nach New
York. 1940 wurde Buenos Aires die neue Heimatstadt von Fridl und Walter
Loos.
Mode und Möbeldesign
Im argentinischen Exil widmete sich Walter Loos dem Möbeldesign,
entwarf Inneneinrichtungen und Modeateliers seiner Frau Fridl. Die
Mode-Entwürfe von Fridl Loos (1905 – 2000) folgten einem "Streben nach der
Symbiose von Moderne und Tradition", ihre Werke wurden über Buenos Aires
bis nach New York und Hollywood bekannt. Einige Beispiele von
Kleidungsstücken sind in der Ausstellung gut präsentiert. Das
architektonische Œuvre, das Walter Loos in Argentinien realisieren konnte,
blieb schmal, zeigt jedoch an den in der Ausstellung präsentierten
Wohnhäusern besondere Qualität, die seine frühere, "kontextuale" moderne
Arbeit mit dem argentinischen Ambiente verbindet. Bedeutende Bauwerke sind
das "Patio-Haus" in der Mar del Plata (etwa 1943) und das Doppelhaus in
Chapadmalal in der Provinz Buenos Aires südlich der Hauptstadt.
1950 kam Hermann Loos (1921 – 2004), der jüngere Bruder Walters, nach
Buenos Aires, und wirkte als Architekt und Möbeldesigner. Beispiele seiner
Arbeit sind in der Ausstellung zu sehen, darunter eine Farbaufnahme einer
Gruppe von vier kleineren Häusern in Mar del Plata. Die Ansicht der
kleinen Siedlung vermittelt einen sensiblen Umgang mit niedrigen Bauhöhen
an einer Hanglage, mit kleinen Höfen und umgebenden Gärten und
Erschließungswegen.
Loos retrospektiv
Die Kunsthistorikerin Sonja Pisarik hat in einigen längeren
Aufenthalten in Argentinien Leben und Werk von Walter, Friedl und Hermann
Loos erforscht und Dokumente gesichtet. Die Darstellung Pisariks ist
retrospektiv in dem Sinn, dass die ausgestellten Objekte, abgesehen von
originalen Zeichnungen und anderen Dokumenten, vor allem in historischen
schwarz-weiß-Aufnahmen präsentiert werden. Ein großformatiges
Schwarzweiß-Foto zeigt eine Ansicht einer Hauptstraße von Buenos Aires aus
der Zeit der vierziger Jahre. Ein kleiner Querschnitt bedeutender
argentinischer Architektur ist auf Video zu sehen, so das "Brückenhaus" in
Mar del Plata (1940), ein weiteres Video zeigt Interviews mit früheren
Bekannten und Freunden der Loos, die Sonja Pisarik vor wenigen Monaten in
Farbe aufgenommen hat.
Die aufwendige Raumgestaltung der Gruppe Artec teilt den
Ausstellungsraum des Architekturzentrums mit mehreren Holzwänden in drei
Gang-Bereiche. Der Mittelgang enthält eine weitere kleinere Ausstellung,
die sich der Darstellung von "Österreichern als Architekten in
Lateinamerika" widmet. Dieser Bereich enthält einige informative Tafeln
über Architekten und besondere Bauwerke vom 18. Jahrhundert bis in die
Gegenwart, bietet jedoch keinen größeren Überblick, sondern wirkt
fragmentarisch.
Es wäre eine bessere Lösung gewesen, diese Schau erst einmal zu
erweitern und zu vervollständigen, was jedoch angesichts des riesigen
geografischen Raums von Argentinien oder Chile bis Mexiko ein großes
Forschungsvorhaben bedeuten würde. Die kleine Schau bietet davon
bestenfalls Stichproben.
Architekturzentrum Wien
(7., Museumsplatz 1; im Museumsquartier)
Tel.: 522 31 15
Laufzeit bis 22. Mai
Sehenswerte Würdigung.
Mittwoch, 08. März
2006