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Hauptausgabe vom 05.05.2003 - Seite 008
Staubsauger, die sich gegenseitig aufsaugen

VON IRENE JUDMAYER

Saugschlund an Saugschlund gepresst. So stehen sie da. Zwei Staubsauger, aneinander festgenuckelt wie zwei Frischverliebte. Wie zwei Schnecken im Paarungsritual. "Das ist eine autonome Skulptur!" - erklärt der Steyrer Künstler Michael Kienzer (Jahrgang 1962), dem derzeit seine erste große Personale in der OÖ. Landesgalerie in Linz gewidmet ist. Kienzer, 2001 mit dem renommierten Wiener Otto-Mauer-Preis ausgezeichnet, hat dieses skurrile Werk aus seinen "Knäuelskulpturen" herausentwickelt: "Es geht darum, dass die Dinge in sich selbst sprechen und sich vom Betrachter abwenden!"

Lassen wir uns von solchen Aussagen nicht abschrecken: Kienzers Skulpturen sprechen mit Sicherheit auch mit den Betrachtern. Kienzers Skulpturen benutzen dafür das feine Vokabular bester Satire. Sprich: Hier funktioniert die Kunst als Kommentar und ist (im besten Sinn) unterhaltend. Die Skulpturen sind entweder eigens für Linz entstanden oder kommen aus Sammlungen bedeutender österreichischer Museen. "Zeitvertreib" heißt etwa eine. Die bewegt sich in seltsamen Schüben durch den Raum: Kienzer hat die Minutenzeiger großer Uhrwerke aneinandermontiert und ab geht die Zeit.

Emotionale Bindung

"Pyramide" heißt eine andere. Kienzers Kommentar lautet "Leichtigkeit bewirkt Monumentalität": Ein Heliumballon zieht drei Gummischnürln unter die Museumsdecke. Und zur aberwitzigen "Kathedrale" stapeln sich Alukäfige der Bremer Stadtmusikanten, wo es um "das Einschüchtern domestizierter Tiere" geht. Was über die Symbolik katholischer Kirchenarchitektur transportiert wird.

Kienzer betreibt das Spiel mit Sein und Schein virtuos. Hantiert mit banalen Zutaten wie Klebebändern und -schablonen, Beinprothesen, Gummibändern, alten Stühlen und Baumaterialien. Sein gigantisches Kartenhaus aus 2 x 1,25 m großen Gipskartonplatten wird (noch dazu, da es ein Steyrer schuf) auch zum Hochwasser-Denkimpuls.

Dass uns diese "nichtsprechenden" Skulpturen so viel zu sagen haben, ist ihre besondere Qualität: Raum zu lassen für Assoziationen. Die mögen zwar nicht immer im Sinne des Künstlers sein, bewirken aber eine besondere Form emotionaler Bindung an die Betrachter.

Katalogpräsentation: 15. 5., 19 Uhr


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