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Historisches Museum: Didi Sattmanns "Legenden"

Didi, der Schleichfußindianer

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!Die Angst des Ohres vor der Friseurschere oder: Friseure - die eigentlichen Psychotherapeuten. Kreative Lippenleser können den legendenumzitterten Friseur Erich kunstgeschichtlich ambitioniert fragen hören: "Wievü darf i denn wegschneiden - vom Ohrli? Mochma a fesche Van-Gogh-Frisur?" Und die Kundin (übrigens die Tochter von Peter Handke), noch unschlüssig, ob sie sich seinen Schneidwerkzeugen anvertrauen soll, greift sich in einem Beschützerreflex ans bedrohte Waschel. Und wir lesen von ihren Lippen: "Aber nur die Spitzen." Während die Trockenhaube wie eine Fleisch fressende Pflanze nach ihrem ganzen Kopf lechzt.
Den Didi Sattmann (ein Meister der "sprechenden" Fotos, die sofort meinen Synchronsprecherinnen-Instinkt aktivieren) scheinen aber beide nicht zu bemerken, der sich mit seinem Fotoapparat ans vertrauliche Gespräch zwischen Friseur und Ohrläppchen-Besitzerin herangepirscht hat. Ein Schleichfußindianer. Dass er sich darauf versteht, sich unauffällig zu nähern und plötzlich ganz natürlich wie ein Onkel oder ein Staubsauger (freilich mit Schalldämpfer) vorhanden zu sein, hat aber nichts damit zu tun, dass er einmal Gelegenheitsfensterputzer war, bevor er Fotoreporter, Fotograf der Wiener Festwochen und "Gegenwartsdokumentarist" fürs Historische Museum geworden ist. Er verdankt es ja wahrscheinlich auch nicht seinem dereinstigen Kranfahren, dass er jetzt ein Gespür dafür hat, wie nahe er der Privatsphäre der andern zu Leibe rücken darf, ohne penetrant zu wirken. (Das unterscheidet ihn von den Mafia-Killern.)

"Originale" aus Wien

Bis 1. September zeigt das Historische Museum seine "Legenden aus dem Wiener Kunstbetrieb". Kleine Geschichten voller Humor oder gemütvolle Gesichter aus der Nähe, die ganz Großen (der Qualtinger, Leon Askin) und die Kleineren. Und sogar die von der "andern" Seite (die Kritiker). Auch "unser" Willy Puchner vom "EXTRA" ist dabei, der gerade von den Pinguinen Joe und Sally (Touristen vom Südpol) heimgesucht wird, während er kribblige Haare wie ein Dirigent hat, dessen Frisur, vielleicht in Erwartung von Vivaldis Sommer, selber schon ganz "presto" ist.
Der Tod - auch ein Friseur. Bodo Hells Glatze grinst im Waldviertel vor einem Haufen "glatzerter" Totenschädel. (Der Sensenmann skalpiert eben noch gründlicher als Testosteron.) Wie ein makabres Familienfoto: Meine Vorfahren und ich. Der Napoleon soll irgendwann auch in der Gegend gewesen sein. Sattmann: "Und deshalb gibt's da so viel Tote, glaub i." Herrlich: Maria Lassnig hat das Temperament einer Amokläuferin. Eh klar. Sie spielt ja gerade Valerie Solanis, jene Dame, die - "hysterisch emanzipiert" - in Andy Warhol neue Körperöffnungen "entdeckt" hat (mit der Methode: "peng! peng!"). Und Art Farmer und Karl Ratzer legen backstage ein komisches orales Duett hin, weil beide gerade den Mund voll haben. Der eine mit Puste, der andere mit Mineralwasser. Dem einen hängt eine Trompete von den Lippen, dem andern die Flasche.
Apropos Puste: Rudolf Hausner war ja bekannt dafür, seine Gattin nach Lust und Laune aufzublasen. Hier sitzt nun die leibhaftige Anne Hausner mit madonnenhaft ergebenem Gesicht und ihrer realitätsnahen Anatomie neben dem gemalten "Traum aller ödipalen Buben im Matrosenanzug". Und setzt sich geduldig dem Vergleich aus (mit der zum Platzen prallen Fantasie ihres Mannes).

Entspannte Porträts

Aber warum lächelt beim Sattmann keiner gequält wie in der Eisernen Jungfrau (ich meine die Eiserne Jungfrau mit integriertem Blitzlicht, also den Passfotoautomaten)? Weil er niemandem brutal "ein Gesicht" abverlangt. Mit dem "Cheese!"-Befehl. Seine Motive können ungeniert entspannt sein, die merken's ja nicht einmal, wenn das Bild Schlagseite hat (ich nenne das den Titanic-Effekt). Sogar am titanicschiefen Tisch von Claus Peymann und Otto Mühl, die zusammen einen Burgtheater-Skandal erarbeiten, herrscht feuchtfröhliche Untergangsstimmung. Peymanns Zwerchfell dürfte einen Witz gemacht haben: "Kinder, jetzt gehn wa baden!"

Erschienen am: 24.07.2002

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bullet Die Sammlerleidensch aft des 19. Jahrhunderts in der ÖNB

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