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Kunstberichte

Grenze und Tunnel zur Sonne

Ausstellung
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Sie waren unter den ersten Schindler-Stipendiaten, die einige Monate in Los Angeles zur Emigration wandelten: die Architektin Andrea Lenardin und der Maler Kasper Kovitz.

2003 eröffnete die Österreicherin in Los Angeles ihr eigenes Studio nach einem Fulbright Stipendium. In Wien hatte sie in den Ateliers Coop Himmelb(l)au und Raimund Abraham gearbeitet. Der 1968 in Wien geborene Kovitz hatte bereits 1997 in einer hiesigen Galerie Gießharzbilder präsentiert – das ungewöhnliche Material und die über das Tafelbild hinausgehende Strategie sind in Los Angeles geblieben.

Ende der Sehnsucht

Die von Direktor Peter Noever verordnete Zusammenarbeit der beiden – zum Zweck der Demonstration grenzüberschreitender Teamworks durchaus zielsicher angelegt – gestaltete sich anfangs nicht so einfach. Erst über gemeinsam angelegte Modelle des Galerieraums im MAK kamen Architektin und Maler zum Konzept "Sunset: Delayed". Dabei soll es nicht nur um die vielen freiwilligen und politischen Auswanderer gehen, die wie sie selbst oder auch Billy Wilder die Traumfabrik und neue Perspektiven vorfanden. Auch das Ende der Sehnsuchtsräume, deren Ausweitung in Richtung Weltraum und die unsichtbaren Abgrenzungen zwischen den Kulturen, die allein am Sunset Boulevard zu finden sind, werden angesprochen.

Denn Lenardin arbeitet mit schwarzen Absperrbändern wie auf Flughäfen und statt Säulen spannt sie Drähte, um einen labyrinthischen Eingangsweg zu gestalten.

Besucher im Irrgarten

Besucher werden in eine Art Irrgartenweg gezwungen, auch wenn sich am Ende eine Öffnung mit dynamischem Zug verwobener Bänder auftut und Boden und Raum weiß und hell erleuchtet die Augen blenden.

Dazu erweitert die Malerei von Kovitz die Stirnwand als Scheintunnel bildlich ins Endlose. An der Schnittstelle von Bändern und Malerei zeigt sich eine asiatische Bewohnerin der Sehnsuchtsstadt. Was heißt hier Westen oder "go west"? Links des Tunnels eine Bank, die "settlement" symbolisiert – sein eigenes Ankommen in der Lebensutopie des sozialen Aufstiegs?

Doch die Malerei aus Epoxyharz ist klebrig wie ein Fliegenfänger, in der Nähe verschwimmt die perspektivische Illusion.

Beide bleiben angenehm ambivalent in ihrer Aussage, auch über die Zukunft von Malerei und Architektur: weder drängen sie der europäischen Sicht ihre Errungenschaften auf, noch heben sie die entdeckten freien Handlungsräume in den USA pathetisch hervor.

Irrgarten und Tunnel öffnen sich einem neuen Raumkonzept, das auf das Kellergewölbe des Museums und damit auf Heinrich von Ferstel zurückverweist.

Sunset: Delayed

Andrea Lenardin Madden und Kasper Kovitz

MAK Galerie

Kurator: Andreas Krištof

Bis 16. September

Offene Raumskulptur.

Mittwoch, 18. April 2007


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