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Jenseits von "Osteuropa"

25. Mai 2011, 18:01
  • Artikelbild: "Kartoffel-brei, Apfel-muß, Blau-kraut, Wasser-melone: Cash Money": Der 
Umgang mit dem Erbe des Konstruktivismus muss nicht immer todernst sein,
 beweist 
Philipp Schwalb mit diesem Gemälde. - Foto: Galerie Senn
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    "Kartoffel-brei, Apfel-muß, Blau-kraut, Wasser-melone: Cash Money": Der Umgang mit dem Erbe des Konstruktivismus muss nicht immer todernst sein, beweist Philipp Schwalb mit diesem Gemälde.

Regionale Prägung und internationaler Austausch: Die von Roberto Ohrt kuratierte Ausstellung "Die Unsichtbaren Vier" in der Galerie Senn will dieses Sowohl-als-auch sichtbar machen

Wien - Über den Umweg East by South West hat das diesjährige curated by -Projekt das alte Label "Kunst aus Osteuropa" insgesamt recht erfolgreich umschifft: Neben einigen differenzierten historischen Bestandsaufnahmen waren die Kuratoren auch darum bemüht, die Gegenwartskunst von überkommenen "Ost"-Typisierungen zu befreien.

Auf sehr exemplarische Weise ist dies Kurator Roberto Ohrt gelungen. Seine Ausstellung Die Unsichtbaren Vier geht davon aus, dass man weder die Kunst in den unterschiedlichen Ländern noch deren Geschichte über einen Kamm scheren kann. Und so hat er vier aktuelle künstlerische Positionen versammelt, für die polnische Populärkultur ein gemeinsamer Bezugspunkt darstellt. Damit stand auch nicht die polnische Konzeptkunst der 1970er-Jahre Pate für die Ausstellung, sondern die figurative Malerei.

Die hat ebenso Eingang in die Populärkultur gefunden, wie der osteuropäische Konstruktivismus die Formensprache des Alltags prägte. Betritt man die Galerie Senn, blickt man auf zwei Bilder, denen man zunächst nur allzu gerne den Stempel "Ostkunst" aufdrücken möchte. Eigentlich handelt es bei den abstrakten Farb- und Materialkompositionen aber um Arbeiten des deutschen Künstlers Philipp Schwalb (geb. 1984), der sichtlich unbeschwert und respektlos (u. a. mit Titeln wie Kartoffel-brei, Apfel-muß, Blau-kraut, Wasser-melone: Cash Money) mit Formen des Konstruktivismus experimentiert.

Dorota Jurzcak (geb. 1978) hingegen hat tatsächlich an der Akademie in Warschau studiert und ihre spezifische Formensprache dort entwickelt: Mittlerweile lebt die Künstlerin, die mit ihren feingliedrigen Radierungen international bekannt geworden ist, jedoch in Westeuropa, wo sie mit surreal-düsteren Bildinhalten auch über ihre formalen Vorbilder hinausgeht.

Von den vier versammelten Künstlern leben damit eigentlich nur Tomasz Kowalksi (geb. 1984) und das Kollektiv Strupek in Polen, schlagen aber auch unterschiedlichste Wege ein: Während Kowalski sich mit seinen melancholischen Bildern auf eine lokale Bildtradition jenseits der dominierenden Konzeptkunst bezieht, haben sich Strupek eine mobile Miniatur-Galerie gezimmert: Über die darin präsentierten Kleinformate (u. a. Aufnahmen lustbetonter Begegnungen) tauschten sie sich auch schon mit Dorfbewohnern in Ecuador aus. (Christa Benzer/ DER STANDARD, Printausgabe, 26.5.2011)

Bis 18. 6, Galerie Senn, Schleifmühlgasse 1A, 1040 Wien

 

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