28. November 2007

Herbert Brandl in Innsbruck: "Meine Bilder malen sich selbst"

Österreichs Biennalemaler Herbert Brandl zeigt in der Innsbrucker Galerie Thoman ganz neue Arbeiten.

Artikeltext: TT: Sie waren bei der heurigen Biennale von Venedig offizieller Vertreter Österreichs. Und einer der wenigen Maler. Was reizt Sie an dieser klassischen Technik?

Brandl: Mich reizt deren Einfachheit, deren Poesie. Noch mehr reizt mich nur die Zeichnung als allerletzter, konsequentester Schritt.

TT: Sie malen im Grunde Farbräume, die aber trotz aller Abstraktion immer an Landschaften erinnern.

Brandl: Es geht mir um die Abstraktion organischer Strukturen, von Erscheinungen, die man aus der Natur kennt, wie etwa Licht, Wolken, Regen, Nebel, Felsen, Ufer. Das alles interessiert mich, ohne dass ich über die Natur referieren, sie analysieren möchte.

TT: Aber sind es spezielle Landschaften, an die Sie beim Malen denken?

Brandl: Im Grunde lass' ich beim Malen einfach den Pinsel rinnen. Durch die Schwerkraft entstehen dann bisweilen Gebilde, die an Berge denken lassen. Aber manchmal drehe ich die Bilder dann um, und aus der fallenden Farbe wird so etwas wie ein Sturm. Was ich sicher nicht mache, ist, reale Landschaften abzumalen. Ich male da schon eher die Landschaften meiner Seele.

TT: Ihre Bilder entstehen folglich rein aus der Intuition heraus.

Brandl: Ja, ich gehe in meiner Malerei sehr emotional vor. Bevor ich mit einem Bild beginne, versuche ich, alles zu vergessen. Ich lass' mich überraschen von dem, was an Unerwartetem daherkommt. Um mich im besten Fall selbst zu übertreffen. Als Anregung verwende ich allerdings ab und zu Fotografien, um eine Struktur in meine Malerei zu bringen, die ich beim Entstehungsprozess eines Bildes aber meistens wieder über den Haufen werfe.

TT: Entstehen Ihre Bilder in einem Zug?

Brandl: Meistens schon. Ich korrigiere auch nichts, vertiefe mich nicht in dekorativen Details. Wie ein Bild ausfällt, hat mit momentanen Befindlichkeiten genauso wie mit pragma-tischen Überlegungen zu tun.

TT: Die Farbe ist das zentrale Medium Ihrer Kunst.

Brandl: Ja, allerdings nicht aus einer konzeptuellen Überlegung heraus. Ich wundere mich selbst manchmal über die Farbigkeit, die sich mir aufdrängt. Ich versuche, dem auch immer wieder auszuweichen. Meine Bilder malen sich letztlich durch mich selbst.

TT: Welche Rolle spielt in diesem Kontext der Zufall?

Brandl: Der Zufall ist nicht so mein Meister. Mich überrascht heute nicht einmal mehr, wie die Farbe rinnt. Das Einzige, was mich überrascht, ist, wa-rum ich im Moment gerade zu dieser und keiner anderen Farbe greife. In diesen Momenten gehe ich ganz bewusst in Opposition zum Konzeptuellen.

TT: Gerade bei den Bildern, die Sie bei der Biennale in Venedig gezeigt haben, sind Sie bisweilen scharf an die Grenze zum allzu Stimmungsträchtigen, wenn man so will, zum Kitsch, gegangen.

Brandl: Die Angst, bei der Darstellung etwa eines Sonnenuntergangs die Grenze zum Kitsch zu überschreiten, habe ich nicht. Kitsch ist ja gerade in der zeitgenössischen Kunst ein riesiges Thema, an das ich völlig vorbehaltlos herangehe.

TT: Ihre Formate werden immer größer. Wo sind da die Grenzen?

Brandl: Die Grenzen gibt das Maß meines Körpers vor. Was ich sicher nicht will, ist, mit Monumentalität zu bluffen.

TT: Die Bilder, die Sie in der Galerie Thoman zeigen, gehen noch weiter als die venezianischen vom Assoziativen weg.

Brandl: Dieser Zyklus ist völlig neu. Inspirieren ließ ich mich dazu von Millets "Ophelia", und zwar von dessen Ufer. Dieses Thema der Ertrinkenden hat mich schon als Kind fasziniert und das variiere ich in diesen Bildern in unterschiedlichster Form.

TT: Beschleunigt die Teilnahme bei der Biennale die Karriere eines Künstlers?

Brandl: Ja, das ist eine einmalige Chance, bringt sie doch weltweite Aufmerksamkeit.

TT: Ihre Kunst hat aber auch sehr polarisiert, weniger das Publikum als die internationale Kritik. Ist das schmerzlich?

Brandl: Wenn über Kunst diskutiert wird, ist das ein Glück. Dass meine polarisiert, damit habe ich gerechnet. Bei so einem Auftritt kriechen ja auch die Feinde aus ihren Löchern.

TT: Aber hat Ihnen die Biennale ganz konkrete Einladungen zu Ausstellungen in wichtigen Museen eingebracht?

Brandl: Ich habe jedenfalls ein großes Echo von wichtigen Kuratoren und Museumsleuten erfahren. Und dass meine Kunst von diesen und vom Publikum gemocht wird, ist mir wichtiger, als dass alle Kritiker verstehen, was ich will.

Das Gespräch führte Edith Schlocker<
Quelle: TT
 
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