Salzburger Nachrichten am 23. August 2006 - Bereich: Kultur
Im Magazin des Unglücks

Die Uraufführung von Meg Stuarts Tanzperformance "It's not funny!": Vom Scheitern der Komik

werner thuswaldnersalzburg (SN). Während der Vorstellung bestätigt es sich, was die amerikanische Performerin Meg Stuart mit dem Titel ihrer neuen Produktion ausdrückt: "It's not funny!" Das Versprechen wird hundertprozentig eingelöst. Nein, lustig ist es wirklich nicht, was man seit der Uraufführung am Montag im republic zu sehen bekommt.

Meg Stuart hat, was wenigen Künstlern gelingt, den Sprung von der "Szene" zu den Salzburger Festspielen geschafft. Mit der "Szene" verbindet sie ein inniges Verhältnis. Sie war auch schon eine Saison lang Präsidentin jener "republic", die der Spielstätte in der Altstadt ihren Namen gibt.

"It's not funny!" ist eine Auftragsarbeit der Festspiele, zugleich eine Koproduktion mit Theatern in Brüssel, Berlin, Paris und Antwerpen. In Salzburg sollte sich Meg Stuart in das Komödienkonzept des Schauspielprogramms in diesem Sommer fügen. Wer ihre Arbeit in der Vergangenheit beobachtet hat, erwartete nicht, dass sie sich plötzlich zur Spaßmacherin gewandelt haben würde. Nein, Meg Stuart verweigert sich selbstverständlich der Lustigkeit. Die Aufführung wird zu einer Lektion darüber, dass Komik und Tragik eng beisammen liegen. Das ist prinzipiell nicht neu.

Ein Lehrstück über Scham sollte die Aufführung übrigens auch noch sein. Am Beginn treten die sechs Darstellerinnen und Darsteller in bunten Trikots und mit einheitlichen gelben Plastikperücken auf, stellen sich in eine Reihe und fangen an, sich zu schämen. Dann aber kommen sie in Fahrt, bewegen die Beine, lächeln und führen sich auf wie in einer herkömmlichen Revue. Aber genau diese Form der Unterhaltung, die reine Harmonie vortäuscht und Glücksverheißung - darin besteht Meg Stuarts Tat - muss entlarvt werden. Die Harmonie ist bloß Tünche, darunter verbirgt sich die reine Aggression. Daher fangen die Darsteller an sich zu balgen, und sie tun das ausgiebig und immer wieder.

Meg Stuart arbeitet mit dem Theater in Zürich zusammen und hat dort viel Marthaler gesehen. Nicht nur dessen Ästhetik, auch jene Frank Castorfs von der Volksbühne Berlin, mit der sie auch zu tun hat, färbt deutlich auf ihre Arbeit ab. Komik ist zum Scheitern verurteilt, so Meg Stuarts Botschaft. Meg Stuart führt vor, wie alle Versuche, komisch zu sein, daneben gehen. Keiner der vielen Auftritte über die riesige Showtreppe auf der Bühne gelingt. Die Rollschuhfahrerin kracht herunter, einer versucht es eingewickelt in einen Teppich, andere stürzen ab. Auch die Anläufe zu Slapstick-Komik, zum Spiel mit Wort-Salat à la Dada oder zum Witzeerzählen misslingen. All das natürlich mit reiner Absicht. Eine Nummer folgt mehr oder weniger beliebig der nächsten.

Am Schluss wird allen Ernstes ein Resumée gezogen und ein Appell verlautbart: Es sollten am besten gar keine Witze mehr gemacht werden. Schluss mit lustig.

Hier ist eine Gruppe am Werk, der es nicht zuletzt um Selbsterfahrung geht, die wichtig sein kann für die persönliche Fortentwicklung. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Andere betreiben Derartiges an Wochenenden in einem Seminarhotel. Hier wurde es Teil des Festspielprogramms.