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11.06.2005 - KarriereLounge / Business-Life
Hollein: Der Kunstkönig von Mainhattan
von ALMUTH SPIEGLER
Hight-Performer. Der Chef der Kunsthalle Schirn, zurzeit Österreich-Kommissär bei der Biennale in Venedig, leitet abAnfang 2006 auch eines der bedeutendsten Museen Deutschlands, das Städel in Frankfurt.

Gut gepokert. Max Hollein muss sich ziemlich darüber amüsiert haben, dass sein Name in den vergangenen Monaten in seiner Heimatstadt Wien immer wieder für diverse Museumsposten in Umlauf gebracht wurde. Als heißer Kandidat für das Museum moderner Kunst wurde er gehandelt, schließlich gar als Nachfolger für Gerbert Frodl in der Österreichischen Galerie. Doch der seit 2001 die Frankfurter Kunsthalle Schirn leitende Ausstellungsmacher dachte wohl nicht im Traum daran, die Skyline von Mainhattan gegen die der Donauplatte einzutauschen. Vielmehr gab der Architekten-Sohn - ja, das österreichische Postmoderne-Urgestein Hans ist der Vater - eine auch für die deutsche Kunstszene überraschende Entscheidung bekannt: Ab Jänner 2006 werde er in Frankfurt zusätzlich zur Kunsthalle dem renommierten Städelschen Kunstinstitut vorstehen.

Diese bisher noch nie da gewesene Personalunion macht den Mittdreißiger (Jahrgang 1969) zu einem der mächtigsten Kulturmanager Deutschlands. Die Medien titelten schon mit Kunst-König und Superchef. Schließlich ist das Städel mit seiner Sammlung von 2700 Gemälden und 100.000 Zeichnungen vom 14. Jahrhundert bis heute eines der bedeutendsten Museen Deutschlands. Neben Werken von Dürer, Holbein, Rembrandt und Vermeer trifft Hollein aber auch hier auf ein Stück Heimat - den Erweiterungsbau des Städels entwarf einst Gustav Peichl.

Für die nächsten fünf Jahre, so lange läuft sein Städel-Vertrag, fällt der Vater dreier Kinder für diverse Postenspekulationen in Österreich also aus. Doch so richtig zurück zog es ihn ja noch nie. Gleich nach dem Abschluss seines BWL- und Kunstgeschichtestudium verließ er Wien in Richtung New York und heuerte bei niemand geringerem als Thomas Krens, Herrscher des Guggenheim-Imperiums, an.

Es war noch die goldene Zeit der Expansion, die Hollein Junior als persönlicher Assistent des Direktors und ab 1998 als "Chief of Staff and Manager of European Relations" hautnah mitbekam. Seine Arbeit umfasste Projekte wie den Aufbau der Filialen in Berlin und Las Vegas. Die Gratwanderung zwischen Kunst und Kommerz scheint den jungen Wiener immer fasziniert zu haben: 1999 erschien sein Buch "Zeitgenössische Kunst und der Kunstmarktboom". In fünf Jahren New York habe er soviel gelernt, wie andere in einem 20-jährigen Berufsleben", verriet Hollein der "Zeit".

Eine harte Schule, die dem jungen Wiener das Rüstzeug dafür gab, die verschlafene Frankfurter Kunsthalle mit großen Personalen, reißerischen Titeln wie "Grotesk! 130 Jahre Kunst der Frechheit" aber auch spröderen Schauen, wie gleich zum Einstand "Frequenzen - Audiovisuelle Räume", zu einem der angesagtesten Ausstellungsorte Europas zu pushen. Dafür, wie auch für die Verdoppelung seines Fünf-Millionen-Euro-Budgets durch Sponsoren und die Verdreifachung der Besucher auf 360.000 pro Jahr, reihte das US-Kunstmagazin "ArtReview" Hollein vergangenes Jahr an vierter Stelle der weltweit einflussreichsten Museumsdirektoren. Sein ehemaliger Chef Krens wird in dieser Liste nicht einmal mehr erwähnt. Man darf gespannt sein, auf welchem Rang Hollein heuer landet, wo er doch mit dem Städel jetzt sogar ein richtiges Museum mit eigener Sammlung regiert.

Seine eigene Kuratoren-Tätigkeit - zurzeit läuft in der Schirn seine Ausstellung "Wunschwelten" - wird der immer äußerst besonnen wirkende Neo-Doppeldirektor in Zukunft zurückschrauben müssen. In Österreichs Kulturszene wird er aber wohl weiterhin eine Rolle spielen. Dieses Wochenende läuft die Biennale Venedig an, zu der er als Österreich-Kommissär den Künstler Hans Schabus schickte. Für das Mozartjahr 2006 programmiert er als Co-Kurator das Salzburger Avantgardefestival "kontra.com". In Salzburg saß er auch in der Findungsjury für die Nachfolge von Agnes Husslein als Direktorin des Museums der Moderne. Sie war übrigens einmal seine Chefin, als er wie so viele Kunstgeschichtestudenten in der Wiener Sotheby's-Filiale ein Praktikum absolvierte. Wohl einer seiner letzten unbezahlten Jobs.

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