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Busek: „Auch der Staat soll Werke verkaufen!“

01.07.2010 | 18:40 |  (Die Presse)

Erhard Busek über den verstorbenen Sammler Rudolf Leopold. Eine neuerliche Restitutionsdebatte wird nicht lange auf sich warten lassen.

„Es war eine Art Obsession von mir, diese Sammlung der Republik zu sichern. Schon als Kultursprecher der ÖVP habe ich Rudolf Leopold kontaktiert. Später habe ich versucht, den Ankauf dem damaligen Wissenschaftsminister Heinz Fischer einzureden. Aber er wusste nicht, wer Leopold war. Letztlich, als ich dann selbst Wissenschaftsminister wurde, ist es mir doch gelungen, den damaligen Kanzler Vranitzky und den damaligen Finanzminister Lacina zu überzeugen.“ Ex-Wissenschaftsminister Erhard Busek erinnerte sich Donnerstag im Gespräch mit der „Presse“ an den verstorbenen Sammler Rudolf Leopold, der kommenden Dienstag um zehn Uhr auf dem Grinzinger Friedhof beigesetzt wird. Busek hat in den Neunzigern die Verträge über die Gründung der Leopold-Stiftung unterzeichnet: „Vranitzky, Lacina, aber auch die Nationalbank haben eine entscheidende Rolle gespielt.“ Für 160 Millionen Euro bekam der Staat eine Sammlung, die heute ein Vielfaches wert ist.

Was hält Busek von der Restitutionsdebatte um das Leopold-Museum? „In der Causa Altmann ist man nicht sehr klug vorgegangen. Das hat die Sache generell versteift. Eine ,Adele‘ hätte uns bleiben sollen.“ Die Leopold-Stiftung will Werke verkaufen, um die in „Raubkunst“-Verdacht stehenden Bilder behalten zu können – und Nachfahren von NS-Opfern auszuzahlen. Busek befürwortet dies: „Ja. Ich bin auch der Meinung, dass der Staat Werke verkaufen sollte. Einiges aus der Sekundärgalerie des Kunsthistorischen Museums hätte ich längst in den Mittleren Westen verfrachtet, um Geld für andere wichtige Projekte zu gewinnen“, meint der Ex-Vizekanzler.

 

Anwalt Noll sieht keine Fortschritte

„Ja, es geht nicht anders“, sagt Peter Weinhäupl, Geschäftsführer der Leopold-Museum-Privatstiftung. Diese plane vor allem Grafiken – auch von Klimt, Schiele – zu verkaufen, um Spitzenwerke wie Schieles „Häuser am Meer“ (ehemals Jenny Steiner gehörend) in der Leopold-Sammlung zu behalten. Elf Dossiers über 23 Werke haben die Provenienzforscher des Bundes vollendet, eine von Ministerin Schmied berufene Kommission wird empfehlen, welche Bilder zurückgegeben werden müssten, wenn das Leopold-Museum ein Bundesmuseum und damit dem Kunstrückgabegesetz unterworfen wäre. Im Stiftungsbrief steht nichts von Verkäufen, so Weinhäupl. Die Liste der für einen Verkauf in Frage kommenden Bilder wurde aber mit dem verstorbenen Sammler selbst abgestimmt.

Opfer-Anwalt Alfred Noll, der die Erben nach Jenny Steiner vertritt, bleibt skeptisch: „Alles, was man jetzt machen kann, hätte man vorher auch machen können. Ich habe vom Vorstand der Leopold-Stiftung nichts gehört, auch keinen Vergleichsvorschlag. Die Erben wollen das gestohlene Bild zurück. Das ist ihre Position.“ Einen Rechtsanspruch auf Rückgabe gibt es allerdings nicht. bp


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