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Kunstberichte

Figuren und Geist für viele Felder

Clegg & Guttmann rekonstruieren in der Wiener Secession die Positionen Ernst Machs und Ludwig Boltzmanns
Clegg & Guttmann, Maja Vukoje und Lone Haugaard Madsen bis 23. April in der Secession.  Foto: Matthias Herrmann

Clegg & Guttmann, Maja Vukoje und Lone Haugaard Madsen bis 23. April in der Secession. Foto: Matthias Herrmann

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Alle drei Positionen, die bis 23. April in der Secession zu sehen sind, hinterfragen die Präsentationsformen des Ausstellens, stellen Ansprüche an die Besucher und prüfen die Bedingungen der eingesetzten Medien. Im Hauptraum beschwören Clegg & Guttmann den Geist des Wiener Kreises; erstmals nicht über die Architektur des Hauses, sondern über die beiden Pole des Denkens von Ernst Mach und Ludwig Boltzmann. Während Letzterer seine Forschungen mehr an den äußerlichen Bedingungen der modernen Stadt nach 1900 widmete, ging Mach den Weg ins Innere des Menschen.

Mit verschiedenen Instrumenten und Maschinen baute das Duo einen Parcours der (nicht nur) körperlichen Erfahrungen in der Mitte, während in den Seitenschiffen Videoprojektionen Lesungen von Texten aus dieser Zeit durch Schauspieler vermitteln.

Mit einem Plan der Anleitungen können Besucher auch unbelastet von diesen an sich breiten Feldern des Geistes interaktiv vorgehen. Die "Traummaschine", mit geschlossenen Augen betätigt, ermöglicht in der Mitte das Zusammenführen beider Pole.

Touristen-Programm

Immer ist Geräusch, zuweilen auch Musik mit im Spiel, die Länge der Übungen und die Anzahl der Spieler wird angegeben. Es empfiehlt sich also in einer Gruppe zu kommen. Im Katalog warten Clegg & Guttmann mit einer weiter in die Tiefe führenden Erläuterung auf. Der Text als Kunstwerk ist allein in Englisch vorhanden, die Übungen eröffnen sich aber auch für das rein touristische Publikum der Secession. Maja Vukoje, Eisler-Preisträgerin, hat ihre in Wien schon einige Jahre zu verfolgende Karriere als Malerin und Zeichnerin, konsequent fortgeführt. In der Galerie im Keller zeigt sie mehrere Zyklen, die nach den Bedingungen und der Geschichte von Malerei genauso fragen wie nach den bereits überlieferten Inhalten. Trotzdem entwickeln ihre alten Pathosformeln, gemischt mit Comics, Film und anderen neuen Medien eine Aura des Unheimlichen. Auch wenn sich ihre Malerei in eine sehr transparente, "wolkig" und fragil wirkende Technik verändert hat, ist dieser Aspekt seit ihren frühen Puppenbildern geblieben. Da tauchen paradiesische Situationen zwischen Tier und Mensch ebenso auf wie wartende Geier, Bambi und Hunde mutieren zu Monstern, denen Frauen und schwarze Kinder ausgesetzt sind.

Im Grafischen Kabinett wird die reduzierte Arbeit von Lone Haugaard Madsen präsentiert, die als Schülerin von Heimo Zobernig mehr nach den Bedingungen von Kunst fragt und Skizzenhaftes in Skulptur und Malerei zeigt. Dabei geht es auch um das Atelier.

Ein "Studiolo" des Möglichkeitssinns überträgt sich auf das Ausstellungstrio und so sitzt auch Robert Musil hier mit dabei. Bleibt die Frage: Sind wir "Besucher ohne Eigenschaften?"

Clegg & Guttmann, Maja Vukoje, Lone Haugaard Madsen

bis 23. April

Erfahrungsintensiv.

Freitag, 03. März 2006


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