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vom 23.09.2005 - Seite Tag
Die weibliche Sicht wird stärker

In den letzten Jahren hat sich die Kunstszene in Oberösterreich gewandelt: neue Veranstaltungen, Projekte und Institutionen. Und auch die Situation für Künstlerinnen hat sich verändert.

VON MARTIN HOCHLEITNER

Als eine frühe Medienpartnerschaft zwischen den OÖN und einem Kunstprojekt erschien 1990 das Heft "Oberösterreich Avantgarde", das die gleichnamige Ausstellung in der Neuen Galerie begleitete.

Als damaliger Direktor präsentierte Peter Baum rund 50 KünstlerInnen und lieferte zudem einen Überblick zur Kunst in Oberösterreich seit 1900.

Als wichtige Stationen wurden u.a. folgende Ereignisse angeführt: Die Gründung der Vereinigung MAERZ 1913, die Einrichtung der Linzer Kunstschule und der Neuen Galerie 1947, der Ankauf der Sammlung Gurlitt 1953, die Etablierung der Hochschule für Gestaltung 1973, die Realisierung von "Forum Metall" 1977 bzw. "Forum Design" 1980 sowie die erste Ars Electronica 1979.

2005 kann diese Beobachtung nicht nur mit einer Fülle an neuen Projekten (Festival der Regionen, Europäischer Kulturmonat, etc.), neuen Institutionen (u.a. OK., Lentos, Architekturforum, transpublic) fortgesetzt, sondern auch auf neue Aufmerksamkeiten fokussiert werden.

Frauen als Künstlerinnen

Dazu zählt etwa die veränderte Situation von Künstlerinnen in Oberösterreich. Einen Eindruck liefert exemplarisch die Präsenz von Künstlerinnen in der Kunstuniversität: Mit Marga Persson, Andrea van der Straaten, Renate Herter, Ursula Hübner, Elsa Prochazka, Christa Sommerer leitet heute eine noch vor Kurzem kaum vorstellbare Anzahl von Professorinnen Studienrichtungen.

Gleichzeitig sind mit Monika Pichler, Priska Riedl, Maria Baumgartner, Andrea Pesendorfer, u.a. weitere Künstlerinnen in der Lehre tätig.

Waren Valie Export in den 1970er und Waltraud Cooper in den 1980er Jahren die international bekanntesten weiblichen Positionen aus Oberösterreich, so stehen heute viel mehr oberösterreichische Künstlerinnen in internationalen Rezeptionsfeldern.

Arbeiten von Inge Dick aus Mondsee markieren einen bekannten Beitrag zu einer um Reduktion bemühten und medienreflexiven Kunst. Maria Moser aus Frankenburg gilt als eine der wichtigsten österreichischen Malerinnen.

Zudem arbeitet eine ganze Reihe von Künstlerinnen wie Eva Bosch, Margit Palme, Christine Bauer, Monika Migl-Frühling, Gabriele Berger, Ingrid Kowarik, Charlotte Wiesmann, Claudia Steiner, Susanne Purviance u.a. öffentlichkeitswirksam in Oberösterreich.

Frauen als Galeristinnen

Eine weitere Entwicklung kann seit einigen Jahren ebenfalls mit Frauen in Verbindung gebracht werden. Galt Felice Figl mit ihrer Linzer Galerie in den 1980er Jahren noch als weiblicher Pionier in der Galerienlandschaft, so folgten ihr mit Erni Weidenholzer, Monika Perzl, Ursula Ammering, Christine Stieger, Elfriede Pohlhammer, Angelika Pimmingstorfer, Margund Lössl, Christa Zauner, Gerlinde Hofer, Michaela Gruber und Elisabeth Brunnhofer zahlreiche weitere Frauen, die heute das Ausstellungswesen maßgeblich bestimmen.

Auch wenn einige der Genannten ihre Tätigkeit zwischenzeitlich einstellten, kann die Galeriensituation insgesamt einen wichtigen Trend des Kunstsystems repräsentieren: Es ist die starke regionale Struktur der Vermittlung, die in ganz Oberösterreich Schnittstellen zwischen der Kunstproduktion und der Öffentlichkeit schafft.

So haben sich zuletzt auch erfolgreiche Kooperationen, wie die "Kunst der Linie" (1999) oder die Linzer Kunstmesse (seit 1999) entwickelt. Gleichzeitig gehören Projekte in der Region, wie "Mondsee Land-art" oder die von Josef Linschinger organisierten "Gmundner Symposien für konkrete Kunst" zu etablierten Veranstaltungen der oberösterreichischen Kunstidentität.

Richtung Wien

Den von Peter Baum "Oberösterreichs Avantgarde" 1990 präsentierten KünstlerInnen folgten schon mindestens zwei jüngere Generationen.

Viele haben Oberösterreich zumeist Richtung Wien verlassen, ohne jedoch den Kontakt abzubrechen. Sabine Bitter und Helmut Weber, Franz Blaas, Karl- Heinz Klopf, Leo Schatzl, Claudia Pilsl, Gunther Damisch, Judith Huemer, Andreas Reiter Raabe, Anne Schneider, Josef Schwaiger, Günther Selichar, Michael Kienzer, Gottfried Ecker, Lorenz Estermann, Werner Schrödl u.a. sind nach wie vor etwa durch Ausstellungen hier präsent.

Andere haben sich für einen Verbleib entschieden oder sind, wie Gabriele Kutschera und Peter Bischof, bewusst nach Oberösterreich gezogen. Von hier aus organisieren knapp 1300 KünstlerInnen ihren Alltag.

Internationale Entwicklungen bleiben in Oberösterreich weder unreflektiert, noch gibt es Tendenzen, die eine für Oberösterreich spezifische Tendenz erkennen ließen.

Ganz selbstverständlich arbeiten KünstlerInnen in klassischen Kunstgattungen wie Malerei, Zeichnung, Fotografie und Skulptur. Andere sind an interdisziplinären und multimedialen Formen interessiert.

Auch spielt die Schnittestelle von Malerei und Film etwa bei Thomas Steiner und Dietmar Brehm eine Rolle. Kunstbegriff und Autorschaft haben alleine in der jüngsten Zeit so viele Interpretationen erfahren, dass Pluralismus und individuelle Schwerpunktsetzungen schon längst nicht mehr als alleinige Kriterien für die Beurteilung von Kunst an einem Ort gelten können.

Vielmehr interessieren der Gegenwartsbezug von Projekten sowie die Besetzung von Themen, die auch anderen Gesellschaftsphänomenen nachspüren. Oberösterreich hat in diesem Feld in den letzten Jahren einen Nachholprozess durchgemacht. Vor allem Einzelinitiativen wie dem Projekt transpublic von Hans Kropshofer ist dabei eine Diskursqualität zu verdanken, die sich auch als Voraussetzung für die Kulturhauptstadt 2009 erweisen sollte.

Martin Hochleitner ist Leiter der oö. Landesgalerie

= Oberösterreich zählt zu den dynamischsten Wirtschaftsregionen Europas und bietet seinen Bewohnern Wohlstand, Sicherheit und Lebensqualität. Ein reichhaltiges kulturelles Angebot ist wesentlicher Bestandteil dieser Lebensqualität. Als stärkste regionale Bankengruppe Österreichs sieht sich Raiffeisen Oberösterreich nicht nur dem Wirtschaftsstandort Oberösterreich verpflichtet, sie ist sich auch ihrer Verantwortung gegenüber dem Kulturland Oberösterreich bewusst. }

LUDWIG SCHARINGER

Generaldirektor der Raiba


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