Im 2. Bezirk in Wien, in der
Lassallestraße, und in einem Container beim Wiener Burgtheater kann man
derzeit eine Arbeit des hierzulande vor allem als Theatermacher bekannten
amerikanischen Künstlers Robert Wilson besichtigen. Das Video ist auch
Auftakt zu einem auf drei Jahre projektierten Kunstförderungsprojekt. Bis
2003 werden unter dem Titel "Zürich Kosmos Laser Art" insgesamt neun
internationale und österreichische Künstler eine multimediale
Ausstellungsserie im öffentlichen Raum verwirklichen.
Stift, Schere und Laser
Wilson, der naturgemäß mit der Geschichte und Gegenwart des zweiten
Bezirks nicht vertraut war, hat in diesem von Barbara Steffen kuratierten
Projekt aus Fotos, historischen und zeitgenössischen Filmaufnahmen sowie
Kinderzeichnungen ein Video schneiden lassen und die Bilder mit Filzstift
bearbeitet. Diese grafischen Eingriffe wurden in Laser-"Zeichnungen"
übersetzt. Auch die Musik, die an Klavierbegleitung bei Stummfilmen
erinnert, wurde nach Wilsons Vorschlag realisiert.
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©Bild: ORF/Treffpunkt
Kultur |
Ein Schlafsaal als Metapher
Der Film ist in drei Bereiche - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft -
geteilt. Schwerpunktthemen sind die architektonischen Veränderungen im 2.
Bezirk, der Prater als Entertainment-Park (das Riesenrad hat für Wilson
eine besondere Bedeutung als Wahrzeichen für Wien) und das jüdische Wien.
Ein Bild aus diesem Schwerpunktbereich lieferte auch den Titel für die
Installation: "Der Schlafsaal der Leute, die einander nicht kannten".
Diesen Titel will Wilson einerseits als Anspielung auf einen Schlafsaal
verstanden wissen, in dem vertriebene Bewohner jüdischer Herkunft vor
ihrer Deportation untergebracht wurden, und andererseits als poetische
Metapher.
Keine Angst vor Neuem
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©Bild: ORF/Treffpunkt
Kultur |
Das Besondere an dem Projekt
ist auch, dass Wilson hier erstmals mit dem Medium Laser gearbeitet hat.
Berührungsängste sind ihm fremd, denn "es ist besser einen Stuhl selbst
anzufertigen als ihn im Supermarkt zu kaufen, weil man ein anderes Gefühl
dafür bekommt", so Wilson.
Robert Wilson besinnt sich immer wieder gerne auf seine Wurzeln. Schon
in jungen Jahren hat der gebürtige Texaner Skizzenbücher angefertigt und
beschäfigte sich mit Architekur und Zeichnung. In seinen frühen Arbeiten,
etwa bei "Dialogue", in dem Wilson selbst noch aufgetreten ist, zeichnete
er selbst oft die Bühnenbilder auf große Leinenvorhänge.
Learning by doing
Von Zeit zu Zeit sehnt sich Wilson, der an allen großen Theatern und
Opernhäuser der Welt schaffende Regisseur, nach diesen Anfängen zurück,
weil er manchmal des Theaterbetriebs müde ist, wie er sagt. Und er betont,
dass er sich das Theater learning by doing erarbeitet habe. "Sonst würde
ich ein ganz anderes Theater machen", meint Wilson.
Die langsamen, zeitlupenartigen Bewegungen, die Stummfilmästhetik auf
dem Theater und die ausgeklügelte Lichtregie sind Robert Wilsons
Markenzeichen, ob er bei den Salzburger Festspielen Büchners "Dantons Tod"
inszeniert oder Debussys "Pelleas und Melisande". Dieses Werk hat gerade
eben wieder für die Pariser Oper neu inszeniert. Denn Robert Wilson
recyclet seine Theaterarbeiten gewissermaßen. So hat er Virginia Woolfs
Text "Orlando" mit Jutta Lampe in Berlin, mit Miranda Richardson in
England und mit Isabelle Huppert in Paris aufgeführt.
Theater für sich selbst
Immer wieder hat er große Schauspieler für seine Arbeiten gewinnen
können, wie den verstorbenen Peter Lühr oder Marianne Hoppe. Der immer
elegant gekleidete Wilson mit dem unzugänglichen Gesicht eines Managers,
aber auch eines Träumers, findet Theater nämlich nur dann interessant,
wenn es ihn auch als Zuschauer berührt. Er projiziert seine eigenen Bilder
gleichsam auf die Bühne.
Poesie der Einsamkeit
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Robert Wilson / ©Bild: ORF/Treffpunkt
Kultur |
Robert Wilson strahlt immer
eine große Einsamkeit aus, das tun auch seine Theaterarbeiten. Seine
Mutter sagte ihm vor ihrem Tod: "Du wirst dich im Leben zurechtfinden,
weil du alleine sein kannst." Dass er dann im Theater mit so viel Menschen
zusammen arbeiten muss, ist ein interessanter Gegensatz.
Kreuzweg mit Passion
Zuletzt hat Robert Wilson einen Kreuzweg für die Passionsspiele in
Oberammergau gefertigt, ein anfangs auch innerhalb der Gemeinde
umstrittenenes Projekt. Auch für Wilson war es zuerst problematisch, da er
nicht religiös ist. Als Wilson aber hörte, dass Barnett Newman ebenfalls
Kreuzwegstationen gemacht habe, da begriff er, wie er sagt, dass es um
Passion, also um Leidenschaft gehe. So wurde die Oberammergauer Arbeit für
ihn eine der wichtigsten Arbeiten der letzten Jahre.
Derzeit sitzt Robert Wilson wohl wieder in seinem Kreativzentrum, dem
von ihm gegründeten Watermill Center, oder er baut und zeichnet an seinem
nächsten Projekt irgendwo in der Welt.
Links:
Robert Wilsons Homepage
Laserart