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20.10.2003 11:47

Pin-up, Tod - und auch der Teufel ist hier Gast
Hans-Jörg Mayer vermengt in der Grazer Galerie Bleich-Rossi Sakralattribute mit Werbebildern - Foto

Hans-Jörg Mayers Bildmotivik speist sich aus religiös von alters her verankerten Sujets und Attributen wie aus ihrer säkularisierten Nachkommenschaft, dem imperativen Material zu Werbezwecken. Wenn beide aufeinander treffen, ergeben sich labile Schichtungen. Pathosformeln und ikonografisch wohl bekannte Topoi vermengen sich mit massenmedial verbreiteten Lifestyle-Klischees.

Was einstmals, frommen Betragens wegen, sich zur Sacra Conversazione eingefunden hat, später dann heidnisch verfremdet, weil leger als Bürgerschreck sich gab, ist nun, vom Frühstücken im Freien traumwandelnd heimgekehrt, der Abklatsch einer Römerquelle-Werbung, aber samt Lilie wieder und auratisch aufgemotzt mit Heiligenschein-Scheinheiligkeit.

Im "Reigen" steht das sexuell entflammte Leben zwischen Geburt und hinscheidend Erblasstem, die Pose, die es dazu annimmt, entspricht den Haltungsregeln angesagter Modemagazine. Nach El Greco muss man dort, wo er als Vorbild diente, nie lange suchen. Der drängt sich schon in dem am schnellsten auf, was auch zuallererst ins Auge sticht: im glasig unterlegten, himmelwärts abgehobenen Bestaunen. In solchen Augenblicken scheint die Bildsprache auf eine geschmäcklerisch umgrenzte Bahn fixiert.

Die bleibt dann aber doch unsicher ausgelegt, weil immerdar mit herb-fruchtigem Beigeschmack gesättigt. Die Komplexion von weit auseinander liegend Kontextiertem trotzt eben beharrlich jedem rasch moralisierungsgeilen Zugriff. Derweilen eilt der Tod schon auf zeitgemäßem Renngefährt zum nächsten Tanz. (trag/DER STANDARD, Printausgabe, 20.10.2003)


Galerie Bleich-Rossi
Bürgerg. 4/II
8010 Graz
0316/83 45 87
Link

Aktuelle Kunst Graz
Bleich-Rossi


Bis 30. 11.

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