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©Karikaturmuseum Krems
von
Ulrike Steiner
Letztes erotisches Manifest
Fellini und die Frauen: ein unerschöpfliches Thema, auch mehr als zehn Jahre nach den Tod des großen italienischen Filmregisseurs. "Erotomachia", ein Zyklus von 29 erotischen Zeichnungen, ist jetzt - weltweit erstmals vollständig - im Karikaturmuseum Krems zu sehen.

Federico Fellinis Ruhm begründet sich auf sein Filmschaffen, das von "La Strada" bis "8 1/2" zum Kanon der Klassiker der Filmgeschichte zählt. Davon überlagert, aber nie unterdrückt, war sein zeichnerisches Talent. Vor der Karriere in Cinecittá hatte er als Karikaturist gearbeitet, war geprägt von den amerikanischen Comics, die er als Kind in Rimini kennen lernte. Fellini skizzierte, karikierte unentwegt: "Wenn ich mit einem neuen Film anfange, verbringe ich die meiste Zeit am Schreibtisch und tue nichts anderes, als Ärsche und Titten hinzukritzeln. Das ist meine Art und Weise, einem Film auf die Schliche zu kommen."

Der besondere Stellenwert des Zyklus "Erotomachia" (Geschlechterkampf) aus der römischen Privatsammlung Maite Carpio liegt technisch darin, dass es sich um die einzige serielle Arbeit Fellinis handelt. Aus künstlerischem Blickwinkel darin, dass der Zyklus - in den beiden Jahren vor Fellinis Tod am 31. Oktober 1993 entstanden - ein letztes Manifest des Erotomanen ist.

Die vor Vitalität strotzende, ballonbrüstige, muskelbepackte Heldin der "Erotomachia" trägt Züge von Fellinis letzter Geliebter. Aber es geht nicht ums Individuelle, wie Kunsthistoriker und Ausstellungs-Kurator Ricardo de Mambro Santos erklärt: "Für Fellini, geprägt von katholischer und faschistischer Erziehung, blieb die männliche Sexualität irgendwo in der Pubertät stecken. Die Frau ist als Archetyp beherrschend, eine Riesin."

Fellini huldigt dem Weiblichen in der Reduktion der Männer auf fahlfarbene, gesichtslose Anhängsel ihrer Genitalien, die danach lechzen, wo und wie nur immer möglich, in den Mythos Frau einzudringen. "An Abstrusitäten und Paradoxen stirbt man nicht, wenn man sie mit Heiterkeit angeht. Man stirbt nur vor Langeweile", sagte Fellini. Dieser hat er sich, wie "Erotomachia" zeigt, so lange wie möglich wunderbar widersetzt.

Federico Fellini: "Erotomachia", Karikaturmuseum Krems (bis 29. 1. 2006), täglich 10 bis 18 Uhr. Nicht jugendfrei.

Tipp: Ideal als Kontrapunkt ist die Ausstellung "Harem" in der Kunsthalle Krems (Kombiticket!)
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OÖnachrichten vom 12.09.2005
 
   



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