Digitaler Laufsteg

Tendenzen im aktuellen Mediendesign präsentiert das Künstlerhaus in Wien.
Von Nadia Rapp-Wimberger.


"Stealing Eyeballs" lautet der rätselhafte Titel der nächsten Schau ab Freitag, dem 20. April im Wiener Künstlerhaus. Gezeigt werden zehn internationale Positionen aktuellen Mediendesigns. Die Palette reicht vom Computerspiel zum Videoclip, vom Webdesign zur Animation. Verantwortlich dafür zeichnet u.a. Christian Muhr, der schon mit der Mode-Ausstellung "Fast forward" weite Beachtung fand. Jetzt hat er sich gemeinsam mit Sabine Dreher ein ähnlich museumsfremdes Thema ausgesucht.

Designer als Autoren

Marius Watz (Zum Vergrößern anklicken)
Marius Watz (Zum Vergrößern anklicken)

Das "Augäpfel stehlen" des Ausstellungstitels ist eine Wendung des Internet-Speak und bezieht sich auf die Konkurrenzsituation der Medien um unser aller Aufmerksamkeit. In diesem Kampf um Beachtung spielen Grafiker und Designer eine immer wichtigere Rolle. "Der Computer ist eine Maschine, in der Konzeption, Produktion und zunehmend Distribution zusammenfallen. Das ist einer der Gründe, warum Designer wesentlich mehr Kompetenzen haben als früher", erläutert Christian Muhr. Designer wandeln sich von bloßen Gestaltern zu verantwortlichen Autoren: Sie entwickeln neue Technologien, erarbeiten Theorien zur digitalen Ästhetik, inszenieren Filme und Videoclips.

Sand im Getriebe

Imaginary Forces
Imaginary Forces
Bei der Auswahl der Arbeiten legten die Kuratoren Wert auf subversive Strategien und medienkritische Haltungen. Christian Muhr: "Designer, die uns interessieren, arbeiten als 'Doppelagenten' indem sie versuchen, ihre inhaltlichen Anliegen indirekt, 'infiltrierend' zu formulieren. Sie unterlaufen die Vorgaben und Konventionen der jeweiligen Medien - und das aus der strategisch brisanten Position an den Schnittstellen zur Öffentlichkeit."

Im Haus und außer Haus

Genau an dieser Schnittstelle operiert auch die Ausstellung, die innerhalb und außerhalb des Hauses wahrgenommen werden soll. Das Setting im Künstlerhaus - kreiert von propeller z - sieht für jeden der zehn Teilnehmer eine begehbare "Kinobox" vor, in der interaktive Multimedia-Projektionen abrufbar sind. Jeder Designer bzw. jedes Designerteam gestaltet außerdem eine Seite in der Tageszeitung "Der Standard" und einen Clip für die Infoscreens in den Wiener U-Bahnstationen. Das Programm runden Designers' Lectures ab, ein Digital-Filmfestival und zwei Designers' Sundays, an denen sich Wiener Vertreter der neuen Zunft präsentieren.

Vectorama
Vectorama

Rundgang im Internet

Erste Eindrücke von fast allen Teilnehmern erhält man auf ihren Websites. Da sind zum Beispiel drei junge Schweizer Webdesigner, die unter dem Namen vectorama firmieren und sich auf die Produktion von Online-Games spezialisiert haben. Via Internet laden sie User ein, gemeinsam ein Bild zu erstellen. Als Bildbausteine dienen Comicfiguren, Piktogramme und ähnliche Alltagsfunde.

Reed Kram (Zum Vergrößern anklicken)
Reed Kram (Zum Vergrößern anklicken)
In Kopenhagen lebt Reed Kram (kramdesign.com), der Wissenschaftler unter den vorgestellten Designern. Der Amerikaner mit MIT-Vergangenheit forscht zur Interaktivität und zum Wechselverhältnis von Neuen Medien und Architektur. Daneben verwirklicht er Medienanwendungen für den Architekten Rem Koolhaas und das Unternehmen Prada.

Richard Fenwick
Richard Fenwick

Gibt man die Adresse http://www.richardfenwick.com/ ein, meldet die Site "We're sorry, Richard Fenwick no longer exists. He's fucked off back to the real world - to continue with real life. We suggest you do the same before it's too late." Hat da einer eben aufgegeben in der digitalen Bilderolympiade? Nicht ganz. Wie Christian Muhr versichert, ist Richard Fenwick nach wie vor aktiv. Vielleicht hat er ja nur die Rollbalken seiner Homepage heruntergelassen, um nach Wien zu fliegen. Es kann offenbar auch recht altmodisch zugehen bei den neuen Mediendesignern.

Tipp:
"stealing eyeballs. Designing Media", Ausstellung und Veranstaltungsreihe im Künstlerhaus, 20. April bis 20. Mai 2001.

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