Losgetreten wurde diese Diskussion, da die Besucherzahlen seit der Eröffnung des Hauses im Mai 2003 stetig zurückgehen. Waren es im ersten Jahr noch 97.000 Besucher, rechnet die Direktion in diesem Jahr mit rund 60.000. Im Verwaltungsausschuss der Museen der Stadt Linz wurde am Dienstag die "Neupositionierung des Lentos" beschlossen, erklärte ÖVP-Kulturreferent Erich Watzl. Bis Ende 2005 soll "die Museumslandschaft Linz" analysiert werden, um anschließend "mittelfristige Perspektiven" für das Lentos entwickeln zu können.
Zweieinhalb Jahre nachdem das Lentos fertig gestellt wurde, wollen die Stadtpolitiker jetzt strategische Zielsetzungen für das Haus festlegen. "Es gibt immer wieder Überraschungen", kommentiert Rollig diesen Entschluss. Eigentlich sei sie davon ausgegangen, dass die Stadt vor ihrer Bestellung als Direktorin die Positionierung des Lentos entschieden habe: als Haus für zeitgenössische Kunst. "Das Konzept war zu aggressiv", meint SPÖ-Vizebürgermeisterin Christiana Dolezal heute im Rückblick. Die Linzer müssten behutsamer an die Kunst herangeführt werden.
"Gewisse Weichenstellungen sind jetzt notwendig", dazu ist auch Rollig bereit. Wenn sie jedoch den Eindruck erhalte, dass die in Richtung "Hypo-Kunsthalle München" gehen, werde sie nicht mehr länger das Lentos führen. Ihr Vertrag läuft noch zweieinhalb Jahre. So verwehrt sie sich grundsätzlich dagegen, "Kunst für alle" auszustellen, denn diesen "homogenen Begriff ,alle'" gebe es in der Kunst nicht, macht sie zu Beginn des Neuorientierungsprozess klar, an dem sie mitarbeiten wird.
"Ich bin froh, dass diese kulturpolitische Diskussion schon jetzt und nicht erst 2009 in Linz geführt wird", meint Rollig aber. 2009 ist die oberösterreichische Landeshauptstadt europäische Kulturhauptstadt. In Brüssel hat sich Linz als "Labor der Zukunft" beworben. Aushängeschilder waren sowohl das Lentos als auch das Ars Electronica Center. (ker/ DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.10.2005)