Erfinder. Landarbeiter. Künstler | |
Die BAWAG-Foundation in Wien zeigt bis 3. September eine Ausstellung des Schweizer Art-Brut-Künstlers Heinrich Anton Müller. Eine Entdeckung.
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Die Maschinen von Heinrich Anton Müller
wirken funktionslos und skurril. Es sind riesige Geräte, die aus Abfällen,
Lumpen, Draht und Ästen zusammengesetzt sind. Unter Verwendung von
Exkrementen als Bindemittel versuchte Müller Rad-ähnliche Formen zu
bilden, die er in Bewegung setzen wollte.
Tragisches Leben Da er diese grotesken Apparaturen zeitweise unter Wutanfällen wieder
zerstörte, sind sie nur mehr auf schlecht erhaltenen Fotografien sichtbar,
auf denen sie zermalmend und beängstigend wirken. Das lässt auf eine
tragische Existenz schließen. Die Biografie von Heinrich Anton Müller
bestätigt das. 1869 wurde er in Versailles geboren und lebte dann als Rebknecht und
Erfinder einfacher mechanischer Geräte gemeinsam mit seiner Familie in der
französisch-sprachigen Schweiz. 1903 wurde ihm ein Patent für eine
Maschine zur Rebveredelung ausgestellt. Mit dieser Errungenschaft jedoch
scheint Müllers weiteres Schicksal besiegelt. Weil er das Patent aus
Geldmangel nicht unterhalten konnte, ist es nach zwei Jahren
erloschen. Adieu Patron Danach hatte er das Gefühl, dass jemand anders seine Idee verwerten
würde. Von diesem Tag an ging er nicht mehr zur Arbeit, vernachlässigte
seine Familie und zog sich vollständig aus der Gesellschaft zurück, was
schließlich zur Internierung in einer Anstalt für geistig Abnorme führte.
Heinrich Anton Müller begann zu schweigen. In den Aufzeichnungen der
Anstaltsärzte heißt es, dass Müller einmal sagte "Adieu Patron", sich also
für immer verabschiedete. Fortsetzung des Weges 1917 erhielt er von seiner Familie einen Malkasten, womit er begann,
bildnerisch zu arbeiten. Die These der Ausstellung ist jedoch, dass dies
kein Neubeginn war, sondern eine Fortsetzung des begonnenen Ideengebäudes
mit anderen Mitteln. Seiner neuen Situation entsprechend baute Müller Maschinen ohne
Funktion und begann zu malen und zu zeichnen. Viele der ausgestellten
Werke sind mit Kreide und Bleistift auf Karton gemalt. Dabei handelt es
sich einerseits um fantastische, bildhafte Figuren, "die man nur schwer
versprachlichen kann", wie der Gestalter der Ausstellung Roman Kurzmeyer
erklärt. Ab den 20er Jahren begann Müller dann, menschliche Figuren mit
pflanzlichen oder tierischen Elementen zu verbinden. Mit diesen Arbeiten
hört auch das zeichnerische Werk auf.
Künstlerische Entwicklung Bemerkenswert ist auch, dass Müller oft auf Karton gemalt hat, der als
Verpackungsmaterial für die Stahlwolle diente, mit der man in der Anstalt
die Fußböden säuberte. Diese Kartons wurden von ihm zusammengesetzt, um
größere Bildträger zu erhalten. Das unterscheidet ihn auch von anderen
Anstaltsinsassen, die ebenfalls bildnerisch tätig waren. "Bei Müller gibt
es so etwas wie eine Entwicklung und er hat begonnen sich für größere
Formate zu interessieren", stellt Roman Kurzmeyer fest. Sie sind Ausdruck eines Künstlers, der sich in der Irrenanstalt von
Münsingen zunehmend abkapselte. Ganz im Gegensatz zu dem anderen Klassiker
der Art Brut, Adolf Wölfli, der in seinem Umfeld ein Atelier mit
Assistenten - vorwiegend mongoloider Patienten - aufbaute. Doch trotz seines Schweigens lebte die Ideenwelt von Heinrich Anton
Müller weiter. Zum Beispiel bezog sich der ebenfalls verstorbene
Maschinenkünstler Jean Tinguely auf ihn und Harald Szeemann hat seine
Arbeit in der legendären Ausstellung "Junggesellenmaschinen"
vorgestellt. Link: BAWAG Foundation | ||||||
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