Foyer, Repräsentationsräume und
Ausstellungshalle im ehemaligen Kassensaal der Wiener Städtischen
Versicherung sind Werk des in Triest geborenen Architekten Boris
Podrecca. Anlässlich des Baubeginns der Firmendirektion in Graz ist ihm
nun eine Personale im Ringturm gewidmet.
Der in Mittel- und Südosteuropa Tätige, in
Stuttgart Lehrende und drei Büros in Wien, Venedig und Stuttgart
Leitende will nicht wie seine berühmten Kollegen in China oder Dubai
bauen. Er sieht sich nicht als Star und sein Traum, eine Moschee zu
bauen, ist noch unerfüllt. Wie er den Spagat zwischen zehn großen
Baustellen hier, in Neapel, Venedig, Zagreb, an der kroatischen Küste
oder in Serbien schafft, weiß wohl nur er selbst – seine
Vielsprachigkeit hilft aber enorm. Podrecca ist kein Spezialist für
eine Aufgabe, er bedient von Villen und Wohnbau über Tourismus,
wissenschaftliche Bauten wie das Bio-Center St. Marx, über
Tourismusanlagen, Stationen wie Wien Nord oder nun San Pasquale in
Neapel, Museen bis zu kleinen Platzgestaltungen alles.
Dem Kontext lauschend
Doch nicht in postmoderner Beliebigkeit, auch nicht einem Stil im
Sinne alter Enzyklopädien folgend, aber sehr wohl dem kulturellen
Kontext eines Ortes lauschend. Neben neuen flexiblen Materialien sind
ihm Holz und Stein immer noch so wesentlich wie das verbundene soziale
Gefüge. Dies steht über einer Formel für Architektur – da wählt der
auch in Theorie Bewanderte das ironische Motto: Wer die Mauer verliert,
ist globalisiert. Für unsere Gegenwart typisch hält er große Projekte,
die in einem Minimum an Gelände in die Stadtstrukturen eingepasst
werden sollen: so eine Geschäftspassage neben Wohnungen und Büros in
der Altstadt von Zagreb. Teil des heiß diskutierten Einbaus ist ein
Park, den Podrecca in den zweiten Stock hebt – ob da wieder sein
historisch fundierter Bezug zum Orient und dem antiken Weltwunder der
Gärten der Semiramis auftaucht?
Die Schulung bei Roland Rainer und die Materialperfektion eines
Carlo Scarpa scheinen in den hochästhetischen Interventionen oder
Zubauten zu altem Bestand spürbar, aber Podrecca ist auch in sehr
gegenwärtigen Planungen zu Hause: Wie der Bahnstation an Neapels Küste,
die unter das Wasser versenkt wird und mit den Künstlern Peter Kogler
und Michelangelo Pistoletto sowie zwölf weiteren Architekten geplant
ist. Dass in dem Stadtteil Philosoph Benedetto Croce lebte, wird aber
sicher nur in Podreccas Beitrag berücksichtigt.
Architektur im Ringturm:
Boris Podrecca
Bis 18. Jänner
Kosmopolit.
Freitag, 23. November 2007