Es gibt kaum etwas Komischeres als
Fotografen, die ihre Kollegen mit gezückter Kamera in der Horde
erwischen: Die fürstliche Fotokünstlerin Marianne zu
Sayn-Wittgenstein-Sayn beweist nicht nur dabei erstaunliche
Stehqualitäten und glänzenden Humor.
In den Fünfzigerjahren hat sie ihren Mann,
Prinz Ludwig, genannt Udi, beim Sonnenbad in Italien mit eigenem
Schattenbild abgelichtet. Transistorradio, Sonnenbrille, Muscheln und
Bikinioberteil befinden sich durch ihren gehobenen Arm in einer Art
surrealem freien Fall.
Schon als Kind war Marianne zu Sayn-Wittgenstein-Sayn vom Medium
Fotografie fasziniert. Als Teenager bekam sie 1935 ihre erste Kamera,
und die offenbar recht unkonventionellen Eltern ermöglichten ihr auch
ein Studium an der Münchner Akademie bei Karl Blocher, einem Schüler
des Malers Franz von Stuck.
Vom Schnappschuss zum Kommentar
Doch statt Künstlerin zu werden, heiratete die Nachfahrin Maria
Theresias 1942 und baute nach dem Krieg mit ihrem Mann das schwer
beschädigte Schloss Sayn bei Bendorf, nahe dem Nürburg-Ring, mit Hilfe
der Landwirtschaft wieder auf. Diese Jahre sind als ambitioniertes und
fröhliches Zeitdokument ein Teil der Schau. Der private Schnappschuss
integriert neben den Kindern aber auch die Arbeiter und sehr bald auch
die illustre Verwandtschaft, die sich als Jet-Set-Gesellschaft an
Autorennen beteiligte.
Rockende und twistende Adelige, Reisen, ein absurder Unfall ohne
Verletzte und die Helden des Motorsports werden nach dem Tod ihres
Mannes Motive der fotografischen Arbeit. Marianne zu
Sayn-Wittgenstein-Sayn arbeitet nach wie vor für verschiedene Magazine.
Sie hat nach ihrem Umzug nach Österreich in Salzburg eine sie exklusiv
vertretende Galerie und ist auch aus dem Festspielzirkus nicht
wegzudenken.
Andererseits begeisterte sie sich früh auch für Künstler wie den
Surrealisten Salvador Dali und den Pop-König Andy Warhol. Von Warhol
hat sie das Geheimnis übernommen, durch die Kamera, bei aller Nähe zu
Menschen, eine gewisse Distanz zu wahren.
Diesen liebevollen Abstand hält sie auch bei ihrer Freundin Lilli
Palmer, bei Romy Schneider, Leonard Bernstein oder Curd Jürgens und
Sean Connery.
Egal ob schöne Frauen wie Nina Rindt oder Francesca Habsburg oder
Männer, von Clay Regazzoni bis Luciano Pavarotti – die Fürstin schafft
als Insiderin den Blick hinter die Fassaden. Witzig sucht sie Motive
wie Nicolaus Harnoncourt als Heimwerker, Maria Callas als Schnorchlerin
samt Pudel auf der Schulter, oder Karl Lagerfeld zwischen den
fürstlichen Dirndlkleidern.
Photographs by Princess
Fotografien von Marianne Sayn-Wittgenstein-Sayn
KunstHaus Wien
Zu sehen bis 13. Mai.
Lebendig.
Donnerstag, 08. März 2007