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Kunstberichte

Die Ironie in den Zeitdokumenten

Das KunstHaus Wien zeigt die Bandbreite der Fotoarbeiten von Fürstin Marianne Sayn-Wittgenstein-Sayn
Illustration
- Prinzessin Teresa und Prinz Peter zu Sayn-Wittgenstein vor der Höhensonne.  Foto: Sayn-Wittgenstein Collection

Prinzessin Teresa und Prinz Peter zu Sayn-Wittgenstein vor der Höhensonne. Foto: Sayn-Wittgenstein Collection

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Es gibt kaum etwas Komischeres als Fotografen, die ihre Kollegen mit gezückter Kamera in der Horde erwischen: Die fürstliche Fotokünstlerin Marianne zu Sayn-Wittgenstein-Sayn beweist nicht nur dabei erstaunliche Stehqualitäten und glänzenden Humor.

In den Fünfzigerjahren hat sie ihren Mann, Prinz Ludwig, genannt Udi, beim Sonnenbad in Italien mit eigenem Schattenbild abgelichtet. Transistorradio, Sonnenbrille, Muscheln und Bikinioberteil befinden sich durch ihren gehobenen Arm in einer Art surrealem freien Fall.

Schon als Kind war Marianne zu Sayn-Wittgenstein-Sayn vom Medium Fotografie fasziniert. Als Teenager bekam sie 1935 ihre erste Kamera, und die offenbar recht unkonventionellen Eltern ermöglichten ihr auch ein Studium an der Münchner Akademie bei Karl Blocher, einem Schüler des Malers Franz von Stuck.

Vom Schnappschuss zum Kommentar

Doch statt Künstlerin zu werden, heiratete die Nachfahrin Maria Theresias 1942 und baute nach dem Krieg mit ihrem Mann das schwer beschädigte Schloss Sayn bei Bendorf, nahe dem Nürburg-Ring, mit Hilfe der Landwirtschaft wieder auf. Diese Jahre sind als ambitioniertes und fröhliches Zeitdokument ein Teil der Schau. Der private Schnappschuss integriert neben den Kindern aber auch die Arbeiter und sehr bald auch die illustre Verwandtschaft, die sich als Jet-Set-Gesellschaft an Autorennen beteiligte.

Rockende und twistende Adelige, Reisen, ein absurder Unfall ohne Verletzte und die Helden des Motorsports werden nach dem Tod ihres Mannes Motive der fotografischen Arbeit. Marianne zu Sayn-Wittgenstein-Sayn arbeitet nach wie vor für verschiedene Magazine. Sie hat nach ihrem Umzug nach Österreich in Salzburg eine sie exklusiv vertretende Galerie und ist auch aus dem Festspielzirkus nicht wegzudenken.

Andererseits begeisterte sie sich früh auch für Künstler wie den Surrealisten Salvador Dali und den Pop-König Andy Warhol. Von Warhol hat sie das Geheimnis übernommen, durch die Kamera, bei aller Nähe zu Menschen, eine gewisse Distanz zu wahren.

Diesen liebevollen Abstand hält sie auch bei ihrer Freundin Lilli Palmer, bei Romy Schneider, Leonard Bernstein oder Curd Jürgens und Sean Connery.

Egal ob schöne Frauen wie Nina Rindt oder Francesca Habsburg oder Männer, von Clay Regazzoni bis Luciano Pavarotti – die Fürstin schafft als Insiderin den Blick hinter die Fassaden. Witzig sucht sie Motive wie Nicolaus Harnoncourt als Heimwerker, Maria Callas als Schnorchlerin samt Pudel auf der Schulter, oder Karl Lagerfeld zwischen den fürstlichen Dirndlkleidern.

Photographs by Princess

Fotografien von Marianne Sayn-Wittgenstein-Sayn

KunstHaus Wien

Zu sehen bis 13. Mai.

Lebendig.

Donnerstag, 08. März 2007


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