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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
17. Jänner 2005
21:29 MEZ
Foto: APA
Hildegard Joos an ihrem neunzigsten Geburtstag.

Hildegard Joos gestorben
96-jährige Malerin zählte zu den wenigen österreichischen VertreterInnen des Konstruktivismus

Wien - Die Malerin Hildegard Joos (95) ist am Montag gestorben, berichtet der ORF-Teletext. Die "Grande Dame" der abstrakten Malerei in Österreich war die erste Frau, der die Sezession im Jahr 1958 eine Einzelausstellung gewidmet hat.

Hildegard Joos zählte zu den wenigen österreichischen Vertretern des Konstruktivismus. Seit 1959 unterhielt sie gemeinsam mit ihrem vor kurzem verstorbenen Mann und künstlerischem Alter Ego Harold Joos ein Atelier in Paris. Ihre wesentliche Prägung erfuhr die gebürtige Niederösterreicherin im Pariser Konstruktivisten-Salon "Realites Nouvelles", wo sie 1972 Aufnahme gefunden hatte.

Geboren wurde Joos am 7. Mai 1909 in Sieghartskirchen (Niederösterreich), wo sie auch Kindheit und Jugend verbrachte. Erst in den Nachkriegsjahren nahm sie ein Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien auf, ihre ersten Arbeiten waren figürlich, farbig und expressiv. Sie habe sie nie an Vorbildern orientiert, sondern habe sich immer als Original gesehen.

1954 wurde die Künstlerin Mitglied der Wiener Sezession, die ihr 1958 ihre erste Einzelausstellung widmete. "Kunst ist ein nobles Spiel", befand Joos. "Egal, ob man sich mit Geometrismen oder Farbflecken beschäftigt." Eines ihrer bevorzugten Muster war und ist das Schachbrett, denn "diese Einfachheit interessiert mich am meisten in der Kunst".

Die Begegnung mit dem Genfer Philosophen und Kritiker Harold Joos, einem Bewunderer der abstrakten Kunst, der Geometrie und Mathematik, in Frankreich bezeichnete die Malerin als "die große Zäsur in ihrem Leben". Gemeinsam mit ihm entwickelte sie die "Narrativen Geometrismen", die Mal- und Farbenlust mit streng geometrischen Formen vereinen. Anfänglich signierte das Künstlerpaar seine Gemeinschaftsarbeiten mit "Hildegard Joos", ab 1980 mit "H+H Joos". Ab 1992 sind die sogenannten Raumnarrative entstanden, monochrome Flächen mit kleinen narrativen Elementen in einer der Bilderecken.

Die letzten Jahre emanzipierte sich Hildegard Joos künstlerisch wieder zusehends von ihrem Mann und löste sich in ihren Arbeiten von formaler Strenge. Schachbrett- und Rasterbilder waren aber weiterhin Bestandteil ihres künstlerischen Schaffens. Immer habe sie Fertiges übermalt und Mut zum Zerstören gehabt, es sei ein "Vorteil des Alters, zu wissen, wann mit dem Perfektionismus Schluss sein muss", so die Künstlerin.

1997 dokumentierten Ausstellungen in der Wiener Albertina und der Österreichischen Galerie im Oberen Belvedere das Schaffen des Künstlerpaares seit den sechziger Jahren. (APA)


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