Biennale Sao Paulo verstärkt Nord-Süd-Dialog

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Noch bis zum 2. Juni läuft die Biennale in Sao Paulo. Sie gilt vielen Kunstexperten als die wichtigste Kunstausstellung nach der documenta und der Biennale von Venedig. Die 25. Auflage stand unter dem Motto Städtische Ikonografien".

Die Biennale versteht sich als "große Gegenspielerin des Eurozentrismus in der bildenden Kunst, wo lange Zeit die Achse New York-Köln tonangebend war", sagt der Deutsche Alfons Hug, erster ausländischer Kurator in der 50-jährigen Geschichte der Biennale.

Man hat sich dabei nach Hugs Darstellung die Intensivierung des Nord-Süd-Dialogs in der Kunst zum Ziel gesetzt. Tatsächlich nahmen noch nie so viele asiatische und afrikanische Künstler an einer derart wichtigen Schau teil. Insgesamt werden Arbeiten von 190 Künstler aus 70 Ländern präsentiert. Afrika ist in Sao Paulo unter anderem auch mit einem eigenen Videoschwerpunkt vertreten, der - so Hug - dem "Vorurteil des Low Tech-Kontinents" entgegenwirke.

Allein die Präsenz bei internationalen Großausstellungen ist für die Künstler der Dritten Welt aber kein Maßstab für eine erfolgreiche Aktivität. "Wir Afrikaner haben der so genannten entwickelten Welt viel zu zeigen und viel zu sagen. Das bedeutet aber nicht, dass wir dort ausstellen müssen, um zu beweisen, dass wir am Leben sind", meint etwa Pascale Tayou aus Kamerun. Er schuf für die Biennale eine aus Hundehütten bestehende Stadt, zu der sich bei einem Spaziergang durch Armenviertel Sao Paulos inspirieren ließ. "Ich habe die Kunst der realen Welt hierher in die Biennale gebracht", meint er.

Die Biennale deckt aber auch die Schwierigkeiten der Künstler in ärmeren Ländern schonungslos auf. Wer sich das Kunstwerk des Ecuadorianers Manuel Cholango anschaut, sieht auf den ersten Blick nur ein leeres Zimmer. "Es ist tatsächlich nichts zu sehen, ich will andere Sinne wecken, man soll die Luftzüge im Zimmer spüren", meint der in Berlin lebende Quichua-Indio. Das Werk habe mit der sich stark auf die Winde stützenden Weltsicht der Indios Ecuadors zu tun.

Er habe improvisiert, verrät Cholango. Eigentlich habe er eine aus Pferdehaare gebaute Brücke präsentieren wollen, die die Weltsicht seines Volkes im Übergang zwischen Leben und Tod symbolisieren sollte. "Doch ich habe von der Regierung Ecuadors nicht einen Pfennig erhalten. Nach Brasilien bin ich mit dem Geld in der Hosentasche gekommen", erzählt er. Cholango sagt nicht, dass er im Regierungspalast von Quito auch deshalb wenige Freunde hat, weil er die Unterdrückung der Indio-Völker in seiner Arbeit unumwunden anprangert.

Nach Ansicht von Kurator Hug ist es nicht unbedingt Aufgabe der Regierungen, die Kunst in ärmeren Ländern zu fördern. "Da ist die Privatinitiative gefordert", meint er. Der anfangs mit Misstrauen beobachtete Deutsche feierte in Brasilien einen Riesenerfolg. Dabei war er im vergangenen Jahr als Krisenmanager angetreten, nachdem der für 2001 geplante Auftakt der 25. Biennale wegen finanzieller Schwierigkeiten und großer Differenzen zwischen seinem Vorgänger und Biennale-Präsidenten Carlos Bratke zwei Mal verschoben werden musste.

Die Kritiken für die Kunstschau waren gut. In gut anderthalb Monaten besuchten rund 400.000 Interessenten die Ausstellung in den von Oscar Niemeyer konzipierten Kunstpavillons im Ibirapuera-Park. Bis zum Ende der Schau am 2. Juni soll die Rekordmarke von 500.000 Besuchern erreicht werden. Bei einem Eintrittspreis von umgerechnet sechs Euro eine stolze Zahl - vor allem in einem Land, in dem 80 Prozent der Arbeiter monatlich mit einem Mindestgehalt von 90 Euro auskommen müssen.
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