Grenzüberschreitung

Nicht um Inhalt und Narration geht es in "Transgression", sondern um die Machart des Fotos selbst.
Von Roland Schöny.


"Transgression" ist keine Fotokunstschau im herkömmlichen Sinn. Denn das übergreifende Thema ist die Erweiterung der Genregrenzen. Fotografie wird nicht als Medium der Abbildung verstanden, sondern als Kunstform die auch mit Malerei, Grafik, Installation oder Videokunst in Zusammenhang gesehen werden kann.

John Baldessari (Zum Vergrößern anklicken)
John Baldessari (Zum Vergrößern anklicken)

Vorgeführt wird das anhand von Werken international bedeutender Künstler wie John Baldessari, Robert Rauschenberg, dem Schweizer Maler Franz Gertsch oder Valie Export. Es sind aber auch zahlreiche Arbeiten etwas weniger bekannter Künstler zu sehen, so dass sich ein breites Panorama an Ausdrucksmöglichkeiten mit dem Medium Fotografie ergibt.

Mediale Vielfalt

Laura Beloff
Laura Beloff

Anhand von mehr als 25 Werken zeigt diese Schau, wie unterschiedlich die Definitionen von Fotokunst bzw. von Kunstformen die Fotografie verwenden, ausfallen können. Die Fotografien werden in Verbindung mit Druckgrafik, Malerei und Raumkonzepten, aber auch Objekten und Installationen gesetzt. Benutzt werden alle Techniken und Medien, die in einen Dialog mit der Fotografie ermöglichen, oder einen Kontext ergeben.

Malen nach Zahlen

Kuratorin ist Margit Zuckriegl, die übrigens die Fotosammlung im Salzburger Rupertinum aufbaut. Im Wiener Künstlerhaus vertreten ist etwa der aus Linz kommende Johannes Deutsch, der von sich sagt, er sei Maler. In seinen Bildern und Objekten präsentiert er farbige Raumkonzepte. Zum Beispiel heißt eines seiner Projekte CWD. Die Abkürzung steht für "Computer-, Wand- und Deckenbild". Vergleichbar ist es mit einem gemalten Bild, auf dem durch verschiedene Farbtöne, sowie Hell- und Dunkelschichtungen eine räumliche Wirkung entsteht. Als Vorlage für die Gestaltung seiner Bilder verwendet Johannes Deutsch mitunter bereits vorhandenes Bildmaterial, das mittels Computer von ihm manipuliert wird. Die fotografische Grundlage seiner Wandmalerei ist als solche zumeist nicht mehr zu erkennen

Konträr in ihrer Technik sind die großformatig angelegten Bilder des jungen Dänen Balder Olrik, der sich weniger als Künstler, sondern eher als Computerprogrammierer bzw. Spezialist für digitale Technologien versteht. Die von ihm verwendeten Fotografien werden in einer Art von klassischer Lasur-Technik nachgemalt. Der Betrachter unterliegt einer optischen Täuschung.

Zurück zu den Anfängen

Neben dem Hauptthema der Ausstellung - der "Grenzüberschreitung aus dem Bereich der bloßen Fotografie heraus" - lässt sich bereits an diesen wenigen Beispielen ablesen, dass hier auch jenes Spannungsfeld angerissen wird, mit dem sich die Fotografie von Beginn an konfrontiert sah. Denn entweder wurde gefragt, wie weit es der Fotografie tatsächlich gelingen würde, "Wirklichkeit" abzubilden, oder die Fotografie wurde als Konkurrenzmedium zu den anderen Kunstgattungen besonders zur Malerei gesehen.

Helmuth Grill
Helmuth Grill

Mittlerweile geht es um das Verhältnis zwischen dem klassischen fotografischen Original und digital aufgezeichneten Bildern, die mit Hochleistungsdruckern geprintet werden. Die Fotografie wurde - und wird - also permanent einem relativierenden Vergleich unterzogen. So kommt es, dass zahlreiche Künstler die Technik, den Produktionsprozess selbst darstellen und als gestalterisches Mittel einsetzen.

Beispiele

Der Künstler Wolfgang Reichmann etwa, der Fotogramme macht, die ein wenig an gemalte Stilleben erinnern. Er reduziert den fotografischen Apparat auf seine chemischen Parameter. In der Ausstellung ist eine große Arbeit von ihm - fast im Cinemascopeformat - zu sehen. Sie besteht aus vielen Einzelbildern im Format 50 x 60, also der größten im Handel erhältlichen Bildgröße. Darauf zu sehen: sind die Schatten unterschiedlicher Kleidungsstücke.

Ganz anders die schwarz-weißen, nur spärlich kolorierten Bilder von Sebastian Holzhuber. In seinen archaisch wirkenden Bildwelten dokumentiert er Rituale, die therapeutischen Charakter haben sollen. Der Ablauf wird von Holzhuber und den einzelnen Protagonisten selbst bestimmt. Auf einem der Bilder sitzt ein nackter Mann im Inneren eines Kreises, der wiederum von mehreren Frauen gebildet wird. Ein Art Selbsterfahrungsritual, Vertrauen ist für Sebastian Holzhuber ein wichtiger Bestandteil seiner Arbeiten.

Johanna Kandl
Johanna Kandl

Weiters bietet die Ausstellung eine Wiederbegegnung mit einer Werkgruppe von Johanna Kandl, die kleine Figuren aus Knetmasse geformt hat. Als Abbildung auf dem Fotokopierer wurden sie zu erotischen Motiven. Die Kunstkritikerin Jana Wisniewski wiederum gestaltet regelmäßig eine exklusiv gemachte Kunstzeitschrift, die in einer Auflage von nicht viel mehr als 20 Stück erscheint.

Link: Künstlerhaus

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