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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
22.07.2002
20:30 MEZ
Weltläufige Provinz
Das Belvedere zeigt mit Anton Mahringer und Josef Pillhofer gleich zweimal heimische Moderne

Von Doris Krumpl

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Belvedere.at

Ausstellungen bis 22.9.

 
Foto: Belvedere.at
Anton Mahringer, Winterabend 1965

Foto: Belvedere.at
Josef Pillhofer, Kopf Waltraud, 1964, VBK Wien

Zweimal heimische Moderne: Jubiläumsausstellung des "Nötscher Kreis"-Malers Anton Mahringer (1902-1974) sowie Retrospektive des Bildhauers und Zeichners Josef Pillhofer in der Österreichischen Galerie im Oberen Belvedere.

Wien - Eine Kunstlaufbahn abseits der großen Metropolen? "Durch mein Vergraben sehe ich die Dinge eingehender und mit starkem Farbausdruck", schrieb der Maler Anton Mahringer 1931 an seine Akademie-Klassenkollegin und spätere Ehefrau Regina Peschges. Um sich anständig zu "vergraben", muss man vorher ein wenig auf Studienreisen unterwegs gewesen sein und/oder auch einen guten Lehrmeister gefunden haben - den man später veritabel kritisieren darf.

Im Falle Mahringer, des aus Stuttgart gebürtigen Malers, dessen Geburtstag sich heuer zum 100. Male jährt, war dies Anton Kolig. Kolig, die Vaterfigur des nach dem idyllischen Örtchen am Eingang des Kärntner Gailtales benannten "Nötscher Kreises", war u. a. Malereiprofessor in Stuttgart gewesen und hatte den Schüler in sein Gailtaler Zentrum junger Kunst gebracht. 1932 siedelt sich Mahringer endgültig dort an und prägte ähnlich wie ein weiterer aus Deutschland "Zugereister", Werner Berg, das malerische Bild der Südkärntner Landschaft.

Die Österreichische Galerie im Oberen Belvedere führt in dieser Jubiläumsausstellung die Entwicklung des Künstlers in lockerer, nicht streng chronologischer Reihenfolge vor Augen. Mahringer gilt zwar neben Anton Kolig, Franz Wiegele und Sebastian Isepp als vierter Teil des besagten Nötscher Kreises, gehört jedoch nicht zum inneren Kern der Gruppe, da er wesentlich jünger war und eben erst durch Anton Koligs 1918 etablierte Malerschule mit Nötsch in Kontakt kam.

Den Kreis verband der anti-akademische, modernistische Geist, obwohl seine Mitglieder stilistisch divergierten. Das Porträt Clemens am Fenster (1941) zeigt noch deutlich den Stil Koligs, später entwickelte der hauptsächlich als Landschaftsmaler hervorgegangene Künstler seine eigene Handschrift: dominierende grafische Grundlinien und leicht aufgetragene, fast aquarellartige, den Holzfaserplattengrund zuweilen durchscheinen lassende Farbigkeit, die in ihrer Anhäufung diverser Pastelle manchmal den Rand des Kitsches streift.

Anders die kräftigen, sich oft durch gewagte Bildausschnitte auszeichnenden Ölbilder, die (Licht-)Stimmung und Topografie aufs Trefflichste einfangen (Landschaft mit Mangart, Abendstimmung in St. Georgen, Kärntner Winterlandschaft). Klassik und Modernismus vereinen die beiden hervorragenden, in Privatbesitz befindlichen Bilder des Roten Grabens aus den 30er-Jahren. Wiens Stadtrat Matejka gab Mahringer 1948 den Auftrag eines Porträts von Kolig, mit dem der Wahlkärntner übrigens die Fresken im Kärntner Landhaus anfertigte, die 1938 von den Nationalsozialisten wieder abgeschlagen wurden.

Anton Mahringers Werk steht heuer auch im Zentrum des seit 1998 bestehende Museums des Nötscher Kreises (A-9611 Nötsch im Gailtal 39, Haus Wiegele; bis 24. 11., Tel.: (04256) 36 64).

Grimassieren ab November im Unteren Belvedere die unvergleichlichen Porträts des spätbarocken F. X. Messerschmidt, so prägen derzeit ganz andere, strengere "Köpfe" einen Flügel des Erdgeschoßes im Oberen Belvedere. Eine hoch konzentrierte, klug und anregend kompilierte Retrospektive des 81-jährigen, in Wien und Mürzzuschlag lebenden Bildhauers und Zeichners Josef Pillhofer, eines wesentlichen österreichischen Künstlers der Moderne: Kopf neben Kopf, von impressionistisch-skizzenhaften Modelli über ernsthafte Studien rund um das ideale Maß bis zu abstrakten Porträts, die sich vom Schaffen des Lehrers Fritz Wotruba allmählich emanzipierten.

Oft halten sich diverse Stilrichtungen gleichzeitig die Waage. Avantgardistisch-abstrakt fällt etwa der Kopf Maria Lassnigs aus den 50er-Jahren aus, damals hatte Pillhofer bereits (sichtbar) Kontakte zu Brancusi, Laurens, Giacometti und dem Maler Serge Poliakoff geknüpft. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.7.2002)


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