VON CHRISTA DIETRICH
Bregenz (VN) Eines steht fest: Das
Verfahren gegen den Vorarlberger Künstler Gottfried Bechtold wegen
Verstoßes gegen das Pornographiegesetz durch das Auslegen einer
Arbeit des Amerikaners Jeff Koons in seinem Kunstterminal in Bregenz
wurde von der Staatsanwaltschaft Feldkirch eingestellt. Was außerdem
feststeht ist, dass die Sache damit nicht vom Tisch ist. Nun hat das
Bezirksgericht Bregenz zu prüfen, was der Staatsanwaltschaft zu
heikel war, ob die Arbeit von Jeff Koons nämlich Pornografie ist
oder nicht.
Staatsanwalt Franz Pflanzner meinte im Gespräch mit den
"VN", dass man sich mit dieser Frage nicht befasst hätte, weil
Staatsanwälte dies gar nicht beurteilen könnten. Man nahm viel mehr
das Pornographiegesetz zur Hilfe, in dem von der Gefährdung der
sittlichen Entwicklung Jugendlicher die Rede ist. Dieser Tatbestand
könne Gottfried Bechtold nicht nachgewiesen werden. Was das
Pornographiegesetz an sich betrifft, das darauf baut, dass der
Geschlechtstrieb von Jugendlichen unter 16 Jahren bei Anblick
gewisser Bilder oder durch "Reizung der Lüsternheit" irregeleitet
werden kann, musste auch Staatsanwalt Pflanzner anmerken, dass er
nichts dagegen hätte, wenn das Gesetz in eine modernere Fassung
gebracht wird. Obwohl Pflanzner bekanntgab, dass die
Staatsanwaltschaft eben nicht beurteilen könne, ob es sich beim Werk
von Jeff Koons um Pornographie handle, hielt er fest, dass er das
beschlagnahmte Bild aus der Serie "Made in Heaven" für
pornographisch erachtet.
Ob seiner Meinung nun - mit Rechtsfolgen - beizupflichten ist
oder nicht, wird das Bezirksgericht Bregenz zu klären haben. Die
Staatsanwaltschaft hat nämlich den Antrag gestellt, die Bilder für
verfallen zu erklären.
Bechtold ist nichts vorzuwerfen
Ekkehard Bechtold, der Anwalt des Künstlers, sieht darin
allerdings eine Merkwürdigkeit, die zu klären sei. Es gäbe die
Möglichkeit, Gegenstände einzuziehen oder für Verfallen zu erklären,
also dem Eigentümer wegzunehmen, wenn damit eine strafbare Handlung
begangen wurde. Gottfried Bechtold wird aber nicht vors Gericht
gestellt, ihm sei nichts vorzuwerfen.
Für den Anwalt, für den eine öffentliche Begründung für die
Einstellung des Verfahrens schon etwas Außergewöhnliches darstellt,
hat die ganze Causa den Anschein, dass die Staatsanwaltschaft sich
hier ein Hintertürchen aufgemacht habe, um um die Diskussion, was
Pornographie ist, herzumzukommen.
Das Verfahren gegen Gottfried Bechtold sei erledigt. Jetzt müsse
ihm das Kunstwerk von Jeff Koons wieder ausgehändigt werden.
Vorgegangen werden könne jetzt gegebenenfalls nur noch gegen die
Fachzeitschrift, in der das Bild veröffentlicht war, oder gegen den
Künstler Jeff Koons selbst. Man werde jedenfalls einen Antrag auf
Herausgabe der Zeitschrift einbringen.
Sieg der Kunst
Gottfried Bechtold, der sich zur Zeit auf der Kunstmesse
in Turin aufhält, wertet die Einstellung des Verfahrens als "Sieg
der Kunst". "Meine Arbeit war nicht so angelegt, dass ich mit dem
Gesetz in Konflikt komme. Mir geht es darum, dass sich die Kunst mit
den Fragen des Lebens beschäftigt. Solche Dinge aufzuwerfen, ist
mitunter plakativ und heikel. Die Einstellung des Verfahrens zeigt,
dass es der richtige Weg war, das in die Öffentlichkeit zu bringen.
Jetzt müsste klargestellt werden, inwie-weit der Staat hinter dem
steht, was er proklamiert. Demgemäß müssten die Arbeiten wieder
ausgestellt werden können."
Ich werde bis zum letzten Atemzug dafür kämpfen, dass
Kunst nicht für ein Privathobby eines Spinners gehalten wird und
aufzeigen, dass sie Wirkung hat in der Gesellschaft.
KÜNSTLER BECHTOLD
Bechtolds Kunstterminal am Leutbühel: Derzeit mit anderen
Koons-Arbeiten und Puppen bestückt.
(Foto: HB)
Ich hätte nichts dagegen, wenn man das
Pornographiegesetz in eine moderne Fassung bringt.
STAATSANWALT PFLANZNER
Es hat den Anschein, dass die Staatsanwaltschaft hier ein
Hintertürchen aufgemacht hat, um um die Diskussion, was Pornographie
ist, herumzukommen.
ANWALT BECHTOLD
Beschlagnahmt: Fotoarbeit von Koons aus einer Fachzeitschrift.