VN Sa, 17.11.2001

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Kultur 

Bechtold kommt nicht vor Gericht

Ein "Sieg der Kunst", doch der Fall Beschlagnahmung ist nicht abgeschlossen

VON CHRISTA DIETRICH

Bregenz (VN) Eines steht fest: Das Verfahren gegen den Vorarlberger Künstler Gottfried Bechtold wegen Verstoßes gegen das Pornographiegesetz durch das Auslegen einer Arbeit des Amerikaners Jeff Koons in seinem Kunstterminal in Bregenz wurde von der Staatsanwaltschaft Feldkirch eingestellt. Was außerdem feststeht ist, dass die Sache damit nicht vom Tisch ist. Nun hat das Bezirksgericht Bregenz zu prüfen, was der Staatsanwaltschaft zu heikel war, ob die Arbeit von Jeff Koons nämlich Pornografie ist oder nicht.

Staatsanwalt Franz Pflanzner meinte im Gespräch mit den "VN", dass man sich mit dieser Frage nicht befasst hätte, weil Staatsanwälte dies gar nicht beurteilen könnten. Man nahm viel mehr das Pornographiegesetz zur Hilfe, in dem von der Gefährdung der sittlichen Entwicklung Jugendlicher die Rede ist. Dieser Tatbestand könne Gottfried Bechtold nicht nachgewiesen werden. Was das Pornographiegesetz an sich betrifft, das darauf baut, dass der Geschlechtstrieb von Jugendlichen unter 16 Jahren bei Anblick gewisser Bilder oder durch "Reizung der Lüsternheit" irregeleitet werden kann, musste auch Staatsanwalt Pflanzner anmerken, dass er nichts dagegen hätte, wenn das Gesetz in eine modernere Fassung gebracht wird. Obwohl Pflanzner bekanntgab, dass die Staatsanwaltschaft eben nicht beurteilen könne, ob es sich beim Werk von Jeff Koons um Pornographie handle, hielt er fest, dass er das beschlagnahmte Bild aus der Serie "Made in Heaven" für pornographisch erachtet.

Ob seiner Meinung nun - mit Rechtsfolgen - beizupflichten ist oder nicht, wird das Bezirksgericht Bregenz zu klären haben. Die Staatsanwaltschaft hat nämlich den Antrag gestellt, die Bilder für verfallen zu erklären.

Bechtold ist nichts vorzuwerfen

Ekkehard Bechtold, der Anwalt des Künstlers, sieht darin allerdings eine Merkwürdigkeit, die zu klären sei. Es gäbe die Möglichkeit, Gegenstände einzuziehen oder für Verfallen zu erklären, also dem Eigentümer wegzunehmen, wenn damit eine strafbare Handlung begangen wurde. Gottfried Bechtold wird aber nicht vors Gericht gestellt, ihm sei nichts vorzuwerfen.

Für den Anwalt, für den eine öffentliche Begründung für die Einstellung des Verfahrens schon etwas Außergewöhnliches darstellt, hat die ganze Causa den Anschein, dass die Staatsanwaltschaft sich hier ein Hintertürchen aufgemacht habe, um um die Diskussion, was Pornographie ist, herzumzukommen.

Das Verfahren gegen Gottfried Bechtold sei erledigt. Jetzt müsse ihm das Kunstwerk von Jeff Koons wieder ausgehändigt werden. Vorgegangen werden könne jetzt gegebenenfalls nur noch gegen die Fachzeitschrift, in der das Bild veröffentlicht war, oder gegen den Künstler Jeff Koons selbst. Man werde jedenfalls einen Antrag auf Herausgabe der Zeitschrift einbringen.

Sieg der Kunst

Gottfried Bechtold, der sich zur Zeit auf der Kunstmesse in Turin aufhält, wertet die Einstellung des Verfahrens als "Sieg der Kunst". "Meine Arbeit war nicht so angelegt, dass ich mit dem Gesetz in Konflikt komme. Mir geht es darum, dass sich die Kunst mit den Fragen des Lebens beschäftigt. Solche Dinge aufzuwerfen, ist mitunter plakativ und heikel. Die Einstellung des Verfahrens zeigt, dass es der richtige Weg war, das in die Öffentlichkeit zu bringen. Jetzt müsste klargestellt werden, inwie-weit der Staat hinter dem steht, was er proklamiert. Demgemäß müssten die Arbeiten wieder ausgestellt werden können."

Ich werde bis zum letzten Atemzug dafür kämpfen, dass Kunst nicht für ein Privathobby eines Spinners gehalten wird und aufzeigen, dass sie Wirkung hat in der Gesellschaft.

KÜNSTLER BECHTOLD

Bechtolds Kunstterminal am Leutbühel: Derzeit mit anderen Koons-Arbeiten und Puppen bestückt. (Foto: HB)

Ich hätte nichts dagegen, wenn man das Pornographiegesetz in eine moderne Fassung bringt.

STAATSANWALT PFLANZNER

Es hat den Anschein, dass die Staatsanwaltschaft hier ein Hintertürchen aufgemacht hat, um um die Diskussion, was Pornographie ist, herumzukommen.

ANWALT BECHTOLD

Beschlagnahmt: Fotoarbeit von Koons aus einer Fachzeitschrift.




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