OÖNachrichten
http://www.nachrichten.at/kultur/444044

Bildergalerie
OÖN Zitat
„Meine schärfste und kämpferischeste Zeit hatte ich in den vier Jahren bei den OÖNachrichten. “
von
Irene Judmayer
"Ich bin der Angela Merkel verfallen"
Er zeichnet für "Stern" und für "profil". Seine Cartoons (u.a. "Das Leben des Jesu") machen international Schlagzeilen. Er zeichnete vier Jahre lang wöchentlich auch für die OÖN. Der in Linz lebende Karikaturist Gerhard "Hades" Haderer zu seiner aktuellen Ausstellung, über seine Lieblingsfiguren und seine "schärfste" Zeit.

OÖN: Erst nach fast zwanzig Jahren gibt's ab morgen wieder eine große "Hades"-Ausstellung in Linz (im Stadtmuseum Nordico). Warum die lange Pause?

Haderer: Das ist einfach so: Alle zwanzig Jahre tut der Haderer in Linz ein bissl seine Nase ins Freie stecken. Sonst vergräbt er sich hinter seinem Zeichentisch. Meine Ausstellungen dienen nur dazu, den Leuten zu zeigen: Den gibt's ja wirklich und leibhaftig.

Die meisten glauben ja, der ist ein Mythos, den gibt's ja gar nicht, den Hades. Aber alle zwanzig Jahre bedankt er sich bei den Linzern, dass sie ihm so brav Modell stehen.

OÖN: Im Nordico haben Sie mit Ausstellungsgestalter Erich Pröll für rund 220 Zeichnungen auch spezielle Räume eingerichtet. Man hört sogar von einem eigenen Jesus-Zimmer inklusive Beichtstuhl?

Haderer: Es ist klar, dass gegen den Rummel um dieses Jesus-Buch vieles verblasst. Darum haben wir dem Jesus-Zyklus auch einen eigenen Raum gewidmet, inklusive Beichtstuhl und angedeuteter Eisengitter-Front und - nein das verrat ich nicht. Aber soviel: Ich will da gar nichts ausschließen.

OÖN: Befürchten Sie dazu weitere Kritik?

Haderer: Nein. Denn mittlerweile haben doch die meisten das Buch auch tatsächlich angeschaut und erkannt, dass die absurde Aufregung durch nichts gerechtfertigt ist. Erkannt, dass Haderer ein kommentierender Maler ist und somit auch ein wohlwollender Kritiker der Kirchen.

OÖN: Gibt es für Sie in Ihrer aktuellen Ausstellung im Linzer Stadtmuseum Nordico jetzt auch so etwas wie Ihr Lieblingsbild?

Haderer: Ja. Und zwar von meinemSchwarm, für den ich mein gesamtes Leben ändern würde.

OÖN: Nämlich?

Haderer: Der blaue Engel aus Berlin! Ich bin Angela Merkel mit Haut und Haar verfallen! Somit ist mein Lieblingsbild hier definitiv "Die blaue Angela", mit einer Ausstrahlung, die zuletzt nur Marlene Dietrich hatte. Über diese Frau würde ich sogar den Wolfgang Schüssel vergessen, was mir äußerst schwer fällt. Aber - wie gesagt - ich bin dieser Frau willenlos und hilflos ausgeliefert.

OÖN: Worin liegt für Sie das Faszinosum Merkel?

Haderer: Fast ernsthaft geantwortet: Darin, dass es endlich jemand geschafft hat, ohne dieses klotzige "Hier-bin-ich"-Macho-Gehabe in eine Machtposition geschafft hat und trotzdem für mich von einer menschlichen Begreifbarkeit geblieben ist.

OÖN: Ihre Lieblingsfigur in Oberösterreich?

Haderer: Nach wie vor unser aller Landeshauptmann. Er hat mir ausrichten lassen, dass er - seit meinem Comicbändchen "Moff" - nicht mehr springt und bitzelt. Und wenn das - bitte sehr - keine Großtat dieses Mini-Schundheftls ist...

OÖN: Aber ist der Raub so eines wesentlichen Markenzeichens nicht eigentlich tragisch?

Haderer: Ja, eh, ich weiß, das hab ich mir zuzuschreiben. Aber: Der Landeshauptmann ist für mich das Maß aller Dinge, doch in seinem Umfeld tauchen jetzt auch ganz interessante Geschöpfe auf, so wie der Anschober Rudolf. Ich bin sehr dankbar, dass mir zumindest in Oberösterreich die Models nie ausgehen werden.

OÖN: Haben Sie so etwas wie ein persönliches Leitmotiv?

Haderer: Nicht explizit, aber wichtig ist mir bei aller Schärfe, die ich beim Ausformulieren brauche, das Vermeiden von Zynismus. Ich will mich nie von den Menschen abwenden.

OÖN: Was widert Sie an?

Haderer: Bis ins Privateste: die Kombination von Dummheit und Machtgehabe.

OÖN: Gibt es während der letzten zwanzig Jahre eine Arbeit, die Sie als Ihre Spitzen-Leistung bezeichnen?

Haderer: Ja. Da ist mir im Jahre 1995 in der Oberösterreichischesten aller Zeitungen ein Witz entwichen: "Dick & Doof" in Person der damaligen Bundes- und Vizekanzler (Vranitzky & Schüssel). Diese Arbeit steht weit über allen anderen.

OÖN: Was würden Sie als Ihre "beste" Zeit bezeichnen?

Haderer: Die vier Jahre OÖNachrichten. Die Zeichnungen, die ich da abgeliefert habe, sind an Schärfe und Brisanz bisher unerreicht. Das lässt sich durch die Arbeiten leicht nachweisen. Damals hatte ich eine unglaublich starke kämpferische Phase. Jetzt gestalte ich mehr "Bilder für die Ewigkeit".

OÖN: Sie sind ein exzessiver Sitz-Arbeiter. Gibt's dafür einen sportlichen Ausgleich?

Haderer: Ich traf erst vor kurzem die überlebensnotwendige Entscheidung: Tu sofort etwas, das du noch nie gemacht hast! Bei mir: Bewegung. Jetzt gehe ich mit meiner Gattin Margit laufend ins Fitness-Studio. Und ich habe eine Kondition, damit pracke ich alle runter vom Badminton-Platz. Und das ist jetzt aber so was von definitiv eine Herausforderung an Sie, Frau Judmayer!!

OÖN: Angenommen.

Gerhard Haderer

Kurzbiographie: 1951 in Leonding geboren. HTL für Kunstgewerbe. Werbegrafiker, seit 1980 Karikaturist.

Aktuelle Ausstellung: Nordico - Museum der Stadt Linz (Dametzstraße 23). 12. Mai bis 20. August. Mo-Fr 9-18, Sa. und So. 14.17 Uhr. Eintritt: 1 (Schüler), 4 (Erwachsene) und 7 Euro (Familie).

OÖnachrichten vom 10.05.2006
 
   



© Wimmer Medien / OÖNachrichten
Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf.
zurück