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18.07.2005 - Kultur&Medien / Kultur News
Porträt: Ein Impresario von durchaus caesarischem Zuschnitt
Ioan Holender, längstdienender und gefürchteter Direktor der Wiener Staatsoper, feiert heute seinen 70. Geburtstag.

Einmal, und noch einmal, und noch einmal: Dass ein Direktor der Wiener Staatsoper seinen Vertrag so oft verlängern könnte, wie Ioan Holender es gelang, das hätte wohl niemand anzunehmen gewagt. Seine Position galt früher einmal als Schleudersitz. Manch einem, darunter Künstler vom Format eines Karl Böhm oder Lorin Maazel, war nicht einmal eine zweijährige Amtszeit beschieden. Die Intrigen rund um das Haus am Ring, die Strapazen, denen der künstlerische Leiter eines der prominentesten Kulturinstitute der Welt ausgesetzt ist, gelten als ebenso zermürbend wie gefährlich.

Ioan Holender hat es geschafft, wechselnden Regierungen zum Trotz, diese Position auf lange Zeit und unangefochten wie kaum ein Direktor zuvor zu besetzen; sich dort eine Respekts-Stellung aufzubauen, die auch international gewürdigt wird - eine Zeitlang übertrug man ihm sogar die Aufgabe, die Sänger-Besetzungen auch für die Deutsche Oper Berlin auszuhandeln.

An ihm führt, das weiß man, kein Weg vorbei, wenn es gilt, eine Führungs-Rolle im heimischen Intendanten-Karussell zu vergeben: Selbst beim Sprechtheater hören die Entscheidungsträger auf Holenders Ratschlag - meist befolgen sie ihn auch.

Aus solchem Stoff sind Legenden - oder jedenfalls eine (im Jahr 2000 zum 65. Geburtstag erschienene) Autobiografie. In Temesvar geboren, unter - euphemistisch gesprochen - schwierigen Bedingungen aufgewachsen, hat sich Holender nach seiner Emigration (das kommunistische Regime seiner rumänischen Heimat hatte ihn aus politischen Gründen vom Technik-Studium aus geschlossen) als Tennislehrer durchgeschlagen.

Die Liebe zur Bühne führte ihn in jenen Jahren als Statist ans Burgtheater, aber auch in private Gesangsstunden. 1962 sang der spätere Staatsopernchef den Escamillio in Bizets "Carmen" in St. Pölten, später verschiedene Partien im Klagenfurter Stadttheater, ehe er 1966 in die Theateragentur Starka wechselte. Die wahren Stärken offenbarten sich hier: Holenders Manager-Geist, sein phänomenales Geschick im Verhandeln und Taktieren machten ihn bald zum führenden Sänger-Agenten des Landes. An seinem Büro kamen Staatsopern- und Volksoperndirektoren nicht vorbei.

22 Jahre später suchte sich der damalige Volksopernchef Eberhard Waechter das offenkundige Geschick im Umgang mit Weltstars und die Erfahrungen im Heranziehen junger Sänger seines Freundes Holender zu Nutze zu machen und überredete ihn zum Frontwechsel: Aus dem Agenten wurde der Generalsekretär der Staatsoper, der mit Waechter versuchen wollte, eine Kurskorrektur in der zur auswechselbaren Station im internationalen Star-Wanderzirkus gewordenen Wiener Oper vorzunehmen. Wenige Monate nach Amtsantritt schien der plötzliche Tod des populären Sängers und Direktors Eberhard Waechter die Pläne zunichte zu machen.

Doch die Politik entschied für den Verbleib Holenders, machte den Generalsekretär zum Direktor. Dessen hochfliegende Pläne verwandelten sich zwar dank der normativen Kraft des Faktischen ein wenig. Doch funktionierte das eiserne Regiment, das er führt, offenbar festigend nach innen und außen: Die Staatsoper erreichte unter der Führung Holenders Auslastungszahlen wie kein vergleichbares Haus - da mag man von den künstlerischen Entscheidungen und der Spielplanpolitik des Stimm-Fetischisten Holender halten, was man will. Der Erfolg gibt ihm über Jahre hin Recht.

Sein Vertrag reicht bis 2010 - keine weitere Verlängerung möglich, sagt er selbst. Doch warten gelernte Wiener Opernfreunde ab: Ist Ioan Holender doch der jugendlichste Siebziger, der sich denken lässt . . . sin

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