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Quer durch Galerien 19.9.2003

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Die Fernminne per Telefon

Von Claudia Aigner

300 Jahre Wiener Zeitung!Was Sie schon immer über S. (also "Es", diese gewisse Sache, Sie wissen schon: das eine da) wissen wollten, sich aber nie zu fragen trauten, nämlich: Was hat denn eine stöhnende Telefonnummer mit den Glaubenskriegen zu tun? Das weiß nur der Hrdlicka. (Skulpturen und Zeichnungen von ihm sind bis 24. September beim Hilger zu sehen, Dorotheergasse 5.) Ob die Damen, die am Telefon so freimütig über ihr körperliches Befinden Auskunft geben, immer die Wahrheit stöhnen und nichts als die Wahrheit, so wahr ihnen Sacher-Masoch, de Sade und die Mutzenbacher helfen, das ist freilich tatsächlich eine Glaubensfrage. Sprich: Wer's glaubt, wird selig.
Diese Form der Fernminne (Prosaiker sagen "Telefonsex" dazu) hat nun Alfred Hrdlicka seltsamerweise in seinem Zyklus "Glaubenskriege" drinnen. Aber er war ja noch nie sehr orthodox. Nicht zuletzt fallen Adam und Eva bei ihm ausgerechnet mit einer Banane in die Sünde und ignorieren den Apfel völlig (immerhin die populärtheologisch favorisierte Frucht der Erkenntnis). Das ist ja beinah so ketzerisch, als bekleideten sie sich nach dem Sündenfall statt mit einem Feigenblatt mit einer herausgerissenen Seite aus Darwins "Über die Entstehung der Arten". Zurück zum Telefonsex: Zeichnungen voller obszönem Humor, wo die Männer den "Amtssitz ihrer Männlichkeit" würgen, ich meine das Exekutivorgan ihres Y-Chromosoms. Und das ist hier voller Tatendrang. Hinreißende Potenzkarikaturen.
Die Bronzen sind ebenfalls massiv kreatürlich. Das gequälte Fleisch. In seiner unverblümten Fleischlichkeit besonders beeindruckend: "Haarmann und eines seiner Opfer." Der notorische Fressfeind appetitlicher Jünglinge (na gut, man hat ihm die kannibalischen Essgewohnheiten nicht beweisen können, bloß, dass ihn ab und zu mit dem Fleischermesser die Fleischeslust der Fleischhauer überkam), Haarmann also absorbiert da seine "Nahrungsquelle" sinnigerweise gleich mit dem ganzen Körper. Das Pathos von manch anderer Skulptur hat allerdings mitunter schon etwas Peinliches.
Nur Alpinbanausen fahren mit dem Sessellift. Wer seinen Berg liebt, der schnauft. Hanns Otte lässt dabei die Kamera mitlaufen. Bergsteigen in Echtzeit. Zermürbend authentisch. Im zweiten Teil des heurigen Schwerpunkts "Dokumentation" geht es in der Fotogalerie (Währinger Straße 59) um "Natur - Kultur". Die beiden rennen sich zum Beispiel am Strand über den Weg. Eva Brunner-Szabo und Gert Tschögl sind dabei, ein "Archiv des Meeres" anzulegen und sammeln diszi-
pliniert an zahlreichen Küsten unzivilisiertes und zivilisiertes Strandgut (ein Stück Holz und einen "unnatürlichen" Seemannsknoten beispielsweise) und nehmen Wasserproben. Ein reizvoller Balanceakt zwischen romantischem Muschelsammeln und streng wissenschaftlicher Selbstbeherrschung. Bis 1. Oktober.
Bis 26. September beim Lindner (Schmalzhofgasse 13): die Multiple-Box "ride on", die so überzeugend schlicht ist wie die Multiples, die drin verstaut werden. Der Pfeil nach oben im himmelblauen Quadrat von Eduard Tauss ist wohl nicht die Abkürzung für "Himmelfahrt"?

Erschienen am: 19.09.2003

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