VON CHRISTA DIETRICH E-MAIL:
christa.dietrich@vn.vol.at
Dornbirn (VN) Erst etwas erobern, dann
ruhen und sich sammeln. Ulrich ("Gaul") Gabriel - Künstler, Pädagoge
und in Sachen Kunstvermittlung auch ein Pionier - nennt nicht nur
die Reihenfolge, im Gespräch mit den "VN" werden auch Assoziationen
erörtert. "Man erobert einen Berg, eine Frau . . ." Ab heute soll es
wohl das Publikum sein. Im ORF-Landesstudio in Dornbirn präsentiert
er den ersten Akt des "Zanzenberg"-Projekts.
Das umfangreiche Vorhaben mit Aktionen und Produktionen
wurde anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der Stadt Dornbirn im
Vorjahr entwickelt. Der verschiedentlich geplante Aufstieg auf eine
geschichtsträchtige Anhöhe in Dornbirn (man darf an die SS-Siedlung
ebenso denken wie an Fabrikantenvillen und brave Bürgerhäuser) wurde
mit einem Perspektivenwechsel, der klaren Sicht auf die Dinge, in
Verbindung gebracht.
Gerümpel abwerfen
Auch heute - nachdem schon konkrete Produkte vorliegen -
spricht Gabriel vom Abwerfen des "ganzen Gerümpels, das das Denken
und die Phantasie behindert".
Als Texter ein Nachkomme der Dadaisten oder eines Ernst Jandl,
stattet Ulrich Gabriel Aufstiegs- sowie Abwerfwillige mit reichlich
Material aus. Material, das es den Lesenden unter anderem erlaubt,
sich anhand skurriler Kombinationen mit Wortbedeutung zu
beschäftigen. Das kann vor einem Buch geschehen, beim Anhören einer
CD oder auch im Bett, für das "Gaul" bedruckte Kissen und vor allem
Leintücher liefert. Sie verweisen wiederum auf Geburt und Tod. Auf
den Boden für die Liebe und für den Schlaf. Auf die Poesie, denn
Bücher werden in Leinen gebunden. Auch auf Notverband und
Friedensfahne. Womit wir bei der Eroberung wären, die Ulrich Gabriel
gern von allen Seiten beleuchtet haben will. Man muss sich mit dem
Krieg, mit Methoden des Krieges beschäftigen, meint er, "wenn alle
nur vom Frieden reden, tritt er nie ein". Der Pazifist hat sich als
"Eroberer des Zanzenberges" damit nicht gewandelt. Und das mit dem
Erobern von Frauen, also dem Macho? Auch eine Betrachtungsweise?
Nicht schwer nachzuvollziehen, aber belassen wir Einiges im
Privaten. Ein "gewisses Geheimnis muss bleiben", meint er in Bezug
auf das Projekt an sich.
Österreicher kehren in ihre Höhlen zurück
Wie der einst doch sehr aktive "Grüne" mit dem
Wahlausgang umgeht, würde doch noch interessieren. "Ich bin nicht
sehr überrascht. Wenn Mut und ein bisschen Risiko nötig wären, zieht
sich der Österreicher eben wieder in seine Höhle zurück. Es ist aber
auch eine Chance. Die ÖVP braucht die Künstler allein schon um zu
beweisen, dass sie nicht den verkorksten Weg geht, den sie von den
Blauen offeriert bekommt."
Die ÖVP braucht die Künstler um zu beweisen, dass sie
nicht den verkorksten Weg geht, den sie von den Blauen offeriert
bekommt.
ULRICH GABRIEL
Ulrich Gabriel ("Gaul") mit seiner "Zanzenberg"-Bettwäsche.
(Foto: Miro)