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15.05.2002 - Ausstellung
AUSGESTELLT IN WIEN von JOHANNA HOFLEITNER


Klaus Engelhorn 22. Eine großartige Synthese von Industrial Design und Innenarchitektur bilden die Entwürfe Jean Prouvés (1901 bis 1984). Funktionalität war für den ursprünglich am Jugendstil geschulten französischen Konstrukteur oberstes Gebot. Durch sein Bekenntnis zu sichtbaren Metallkonstruktionen wurde Prouvé zum wichtigsten Vorläufer des High-Tech: Beleg für diesen Anspruch in der speziell auf die vierziger und fünfziger Jahre ausgerichteten Ausstellung ist ein "Workshop Table" aus dem Aeronautikbereich: mit seinen spacigen Stahlmodulen reflektiert das Gerüst ganz die Zeichensprache und Ästhetik der Flugzeugindustrie.

Prouvés analytisches Verhältnis zur Konstruktion spricht auch aus seinen Fauteuils, Schreibtischen und Bettentwürfen, bei denen gefaltete Eisenblechteile nicht nur tragende Funktion übernehmen, sondern auch wesentlich die Anmutung mitbestimmen. Besonderes Gustostückerl dieser anregenden Schau ist ein in den "Ateliers Prouvé" angefertigtes Bücherregal von Charlotte Perriand, langjährige Le Corbusier-Mitarbeiterin, dessen geometrischem Erscheinungsbild eine Farbstudie Sonia Delaunays zugrunde liegt (I., Stubenring 22; bis 7. Juni).

Galerie nächst St. Stephan. Ein ganz besonderes Flair strahlt aus den Photographien des 1962 geborenen Deutschen Jörg Sasse. Nicht nur eignet ihnen eine außergewöhnliche gleichermaßen gedämpfte wie kräftige Farbigkeit. Sie scheinen zudem auch über der Wand zu schweben. Dabei spielt es keine Rolle, ob er eine Hotelburg, ein Detail eines Wagons, einen roten VW Käfer oder eine Pension auf einer Anhöhe vor grauem Himmel ablichtet, relevant ist für Sasse einzig die Erzeugung "einer Entsprechung von Wirklichkeit im Bild". Geschwindigkeit und Stillstand, Bewegung und Ruhe treffen perfekt austariert aufeinander. Das - aber auch nicht mehr - ist Sasses photographischer Beitrag zur abbildenden Rolle der Wirklichkeit.

Bezeichnend, daß er diesen Arbeiten als Titel Nummern ohne Verweischarakter gibt: "6997", "2844" und so fort. Mithin schließen diese bemerkenswerten Arbeiten an den alten neuen Diskurs über das Verhältnis von Malerei und Photographie an, bei dem das Bild zur eigenständigen Realität wird. Der Computer wird zum Pinsel, die Pixel zur Farbe, und das kristallklare Acrylglas, das den randlosen Print schützt, zusätzlich zum optischen Korrektiv (I., Grünangergasse 1; bis 22. Juni).



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