Blick zwischen Skandal und Anpassung
Von Brigitte
Borchhardt-Birbaumer
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Das Wien
Museum präsentiert bekannte Foto-Ikonen und Unbekanntes der Fotografin
Trude Fleischmann (1895-1999) in einer ersten großen Personale. Neben
ihrer Lehrerin Dora Kallmus (Atelie d’Ora) betrieb Fleischmann in den
Jahren 1920 bis 1938 erfolgreich ein Fotostudio in Wien. Die Kuratoren
stellen im Wien Museum Themen vor Chronologie bei der Gestaltung der
Schau. Den Auftakt machen die bekannten Studiofotos – Varianten von Karl
Kraus-Porträts zeigen nahsichtige, gewagte Ausschnitte.
Fleischmann holte Prominente aus Kunst und Politik vor die Kamera,
arbeitete für zahlreiche Zeitschriften. Dabei verstand sie es, selbst in
die gutbürgerliche Gesellschaft vorzudringen. Für Feministinnen ist der
Berliner Skandal um das Aktfoto der Tänzerin Claire Bauroff 1925 Grund
einer Vereinnahmung Fleischmanns gewesen. Dazu tragen in der Ausstellung
Porträts und Tanzposen bei.
Unbekannt und neu
Unbekannt war bis jetzt das Kolleginnenumfeld in Wien mit Hella Katz,
Steffi Brandl oder Kitty Hoffmann. Annie Schulz porträtierte die
Fotografin mit mondänem Bubikopf und Kamera im Atelier beim Rathaus
1929.
Neu sind ihr nicht unwesentlicher Beitrag zur "Heimatfotografie" der
Dreißigerjahre und damit die Hinwendung zu Aufnahmen im Freien, die in
eine frühe Art Street-Photography im Exil in den USA mündete. Mit Hilfe
ihrer Freundin Helen Post eröffnete sie 1940 ein Atelier in New York.
Einstein oder Toscanini waren ihre illustren Modelle, bevor sie 1969 bis
1988 in Lugano weilte. Der Einblick in das größte Konvolut ihrer
Arbeiten wird durch wieder aufgetauchte Musteralben und Dokumente
ergänzt.
Ausstellung
Trude Fleischmann –
Der selbstbewusste Blick
Frauke Kräutler und
Anton Holzer (Kuratoren)
Wien Museum
bis 29. Mai 2011
Printausgabe vom Mittwoch, 26.
Jänner 2011
Online seit: Dienstag, 25. Jänner 2011 22:42:14