VON ARIANE
GRABHER
Götzis (VN) "Solverino Lake": was lautmalerisch nach einem
idyllischen See klingt, bezeichnet in der Praxis des Malers
Farbpigment und stand damit Pate für die aktuelle Präsentation von
Christian Geismayr in der Galerie Kurzemann in Götzis.
"Solverino Lake", das sind rot-violette Farbpartikel, in der
Verarbeitung kaum zu bändigen, die sich nebelartig, wie eine Wolke
im Raum ausbreiten. Für den aus Dornbirn stammenden, in Wien
lebenden Maler Christian Geismayr (geboren 1967), der in diesem Jahr
als 2. Preisträger des Hubert-Berchtold-Kunstpreises ausgezeichnet
wurde, kam die erste Begegnung mit "Solverino Lake" einer
Initialzündung gleich.
Alchemie
Als glücklicher Fall einer Entsprechung von Name und Inhalt
schließt der klingende Titel nun einen Zyklus von Arbeiten ein,
deren Entstehung auf die Nähe von Malerei und Alchemie verweist.
Dabei lebt Christian Geismayr seine Materialleidenschaft vom
Bespannen des Rahmens, über die Grundierung der Leinwände und das
Mischen von Farben nach alten Rezepturen voll und mit allen Sinnen
aus. Das Endprodukt sind vielschichtige, tiefgründige Bildtafeln als
abstrakte Beziehungsgefüge aus Flächen und Linien. Das wiederholte
Auftragen und Abkratzen von Farbschichten entspricht bei Geismayr
weniger einem Übermalen als vielmehr "einem Vergegenwärtigen von
dem, was einmal war". Dass dies vor allem mit dem Spachtel
geschieht, der ungleich markantere Texturen hinterlässt als der
Pinsel, mag den komplexen Vorgang der Bildfindung untermauern:
angelegt als ein Balanceakt zwischen Zufall und Notwendigkeit,
zwischen Intention und Absichtslosigkeit, rahmt eine Aura des
Geheimnisvollen diese Bilder.
Seltene Pflänzchen
Wie seltene, kostbare Pflänzchen gedeihen sie unter völlig frei
zu interpretierenden Titeln wie "Nocturama" oder "Ignorabimus" ("Wir
werden es nicht erkennen") wie unter einer Schutzglocke. Als
"Plädoyer für das Geheimnisvolle" in der Malerei möchte sie Geismayr
verstanden wissen. Evoziert ersteres durch Format und Farben
vielleicht eine Art Nachtlandschaft, so ziehen die angedeuteten
Kreisbahnsegmente in logischer Konsequenz die Frage nach sich: "Was
werden wir nicht erkennen?" - ein Frage, die offen bleibt. Aber wer
braucht schon Antworten, wenn die Bilder, die man als Fragen aus
dieser Ausstellung mitnimmt, doch viel spannender sind?