Bludenz (VN-ag) Die Ankündigung, dass die Bevölkerung der Stadt
Bludenz während der Ausstellung "KAM" von 14.000 auf 24.000
Einwohner anwachsen würde, wurde nicht ganz erfüllt. Immerhin sind
rund 6000 "Neue" dazugekommen, denen die Galerie "aller-Art"
Gastrecht gewährt.
"KAM", das ist Karl Andreas Meyer, 1958 in Basel geborener
Künstler. Er hat die neuen temporären Einwohner nach Bludenz
gebracht. Rund 6000 kleine Tonfiguren formieren sich zur Skulptur
"Das Rudel", die sich auf dem Boden des Galerieraumes in der
Bludenzer Remise ausbreitet.
Was der Künstler vor einigen Jahren mit 500 Figuren angefangen
und seither über verschiedene Ausstellungsstationen expansiv
fortgesetzt hat, hat aber eigentlich ganz anders begonnen: und zwar
mit einem ebenso zufälligen wie authentischen Moment aus der Vita
des Künstlers, auf einem Balkon hoch über der bekannten Flaniermeile
"Las Ramblas" in Barcelona. Den Blick von oben auf die
vorbeiströmenden Menschenmassen gerichtet, sind damals, wie aus
einer spielerischen Laune heraus die ersten Figuren entstanden.
Mittlerweile verfolgt KAM diese Idee mit Passion und "Das Rudel" ist
in einem progressiven Arbeitsprozess auf stattliche 10.000 Figuren
angewachsen. Zum Material Ton gesellt sich seit einiger Zeit farbige
Plastilinknete, sodass die graue Masse von leuchtend bunten
Einsprengseln durchbrochen ist.
Kinderland
In Bludenz breitet KAM seine Figurinen, allesamt nur wenige
Zentimeter groß, wabbernd und wuchernd, wie einen Blumenteppich, im
Galerieraum aus - nicht in starre Geometrie gepresst, sondern als
organische, auf die räumliche Situation vor Ort reagierende
Formation, ausgerichtet auf eine Ecke des Raumes. Was zunächst als
Masse erscheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als
Ansammlung von lauter Einzelwesen. Als fantastische Gestalten, halb
Mensch, halb Tier, halb von dieser und halb von einer anderen Welt
und durch ihren individuellen Ausdruck deutlich voneinander zu
unterscheiden. Irgendwie repräsentieren die winzigen, handgeformten
Figürchen, neben dem kollektiv verfügbaren, mit Erinnerungen
besetzten Material, auch ein Stück Kinderland.
Also nicht zögern, das ist eine Ausstellung zum Niederknien. Im
Augenkontakt mit dieser freundlichen Armada von Däumlingen erfüllt
sich der vom Autor Fernando Pessoa proklamierte Wahlspruch: "Sei
plural wie das Universum!"