Vom Gesellen zum Meister

Theorie und Praxis der Farbe nahm am Weimarer Bauhaus eine wesentliche Rolle ein. Gelehrigster Schüler: Ludwig Hirschfeld-Mack. Von Joseph Schimmer.


Die Farbuntersuchungen der Weimarer Bauhäusler erschöpften sich nicht in esoterischen Künstlertheorien, sondern standen im Dienste der übergreifenden Bauhaus-Idee, der Synthese aller Künste, wie sie Walter Gropius in seinen Texten immer wieder beschwor.

Zentrale Figur war Johannes Itten und später, als Itten das Bauhaus im Streit verließ, wurden seine Überlegungen von Laszlo Moholy-Nagy und Josef Albers weiter entwickelt. Aber auch im propädeutischen Unterricht von Paul Klee und Wassily Kandinsky erhielt die Farbe eine erhebliche Gewichtung. Einer ihrer gelehrigsten Schüler war Ludwig Hirschfeld-Mack.


Prägende Kriegserfahrung

Der Sohn eines jüdischen Lederwarenfabrikanten wurde 1893 in Frankfurt am Main geboren. Er kam 1920 ans Bauhaus und war einer der wichtigsten Vertreter der jüngeren Generation in Weimar.

Durch die Erfahrungen im Ersten Weltkrieg geprägt, erweiterte Hirschfeld-Mack die Sozialutopie des Bauhauses zu einer spiritualistischen und universalistischen Vision eines künftigen Weltfriedens. Mit diesem Ansatz stand er natürlich Bauhauskünstlern wie Johannes Itten, Wassily Kandinsky, Paul Klee und Lyonel Feininger nahe.

Hirschfeld-Mack war als Geselle der Kunstdruckerei des Bauhauses maßgeblich an dessen Grafik-Editionen beteiligt. Ein von ihm in den Jahren 1922 und 1923 initiiertes Farbseminar etablierte sich rasch als vielbeachtete Diskussionsrunde. Es fand seinen praktischen Niederschlag unter anderem in den Farblichtspielen, die Hirschfeld-Mack als bedeutenden Avangardisten des bewegten Bildes ausweisen.

Wegbereiter der Holografie

Die lichtkinetischen Projekte und Utopien, von Künstlern wie Kurt Schwerdtfeger, Laszio Moholy-Nagy, oder eben Ludwig Hirschfeld-Mack gelten heute als eine Art Grundlagenforschung der künstlerisch angewandten Holografie. Schon 1929 sagte der Bauhausmeister Laszlo Moholy-Nagy vorausahnend: "Und in der Tat, das ist das Zukunftsproblem der optischen Gestaltung, die Gestaltung des direkten Lichtes ...".

Emigration(en) und Neubeginn

Ludwig Hirschfeld-Mack machte nach der staatlich verordneten Auflösung des Weimarer Bauhauses den Neuanfang in Dessau nicht mit, sondern ging zu Otto Bartnig ans "andere Bauhaus", die Staatliche Hochschule für Handwerk und Baukunst. Sie war die erste Folge-Schule des Bauhauses in Weimar und führte die reformerischen Bestrebungen des 1925 dort vertriebenen Bauhauses weiter, war aber auf eigenständige Akzente bedacht.

Die Bauhochschule unternahm es in der kurzen Zeit seines Bestehens von 1926 bis 1930, sich von dem bereits legendären Vorbild des Bauhauses zu lösen, um so eine Alternative moderner, auf Bauen und Wohnen orientierter Gestaltung zu entwickeln.

Hirschfeld-Mack musste 1936 aus Deutschland emigrieren. Er ging nach England, wurde 1940 aber als "feindlicher Ausländer" nach Australien deportiert. Aus der Internierung entlassen, entwickelte er sich, unter anderem an der Geelong Grammar School, zu einem der einflussreichsten Kunstpädagogen down under.

Gemeinschaftsprojekt

Die Gemeinschaftsausstellung des Museums für Moderne Kunst in Bozen, des Jüdischen Museums Wien und des Jüdischen Museums Frankfurt ist die erste Gesamtschau des vielfältigen Werkes des 1965 in Australien gestorbenen Ludwig Hirschfeld-Mack.

Links:

Jüdisches Museum Wien
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