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Sammlung Essl widmet sich dem Gesamtwerk von Hermann Nitsch

Umfassende Retrospektive zum 65. Geburtstag des Künstlers - Bis 11. Jänner 2004.

Klosterneuburg (APA) - Hermann Nitsch sei einer der "faszinierendsten Künstler unserer Zeit", sagte Karlheinz Essl bei einer Pressekonferenz im Vorfeld der Eröffnung der großen Nitsch-Retrospektive in der Sammlung Essl in Klosterneuburg heute, Donnerstagabend. Die Schau deckt mit einer Unzahl an Exponaten (350 Fotos, 180 Werken aus den Beständen und einigen Leihgaben) das Schaffensspektrum aus 40 Jahren ab - von der frühen Aktionsmalerei über den Wiener Aktionismus Anfang der 1960er Jahre und die Entwicklung des Orgien Mysterien Theaters bis zu neuer Malerei.

Nach den Worten des Sammlers entstand die Idee für die Präsentation des bisherigen Gesamtwerkes des Künstlers bereits 1996 bei dessen 38. Mal-Aktion im Schömer-Haus, dem Büro- und zugleich damaligen Ausstellungshaus der Familie Essl. Nach der Konzeption des Künstlers sei anlässlich dessen 65. Geburtstages (am 29. August) eine Ausstellung entstanden, deren kraftvoller und dynamischer Eindruck überwältigend sei, meinte Essl. Mit Nitsch verbinde ihn eine lange Freundschaft, seit ihn die Neugierde auf diesen "aufregenden" Künstler nach Prinzendorf geführt hatte.

Der Name Nitsch werde nie für "Schönmalerei" oder "brave" Kunst stehen, so Essl unter Hinweis auf durch Aktionen oder Werke ausgelöste Kontroversen mit Tierschützern und Religionsgemeinschaften. Dem Künstler gehe es um das Gesamtkunstwerk Leben - von der Geburt bis zur Auferstehung, wobei alle Sinne des Betrachters angesprochen werden. So wird die Ausstellung von einer Klang-Komposition begleitet, die Karlheinz Essl jun. auf Basis des Sechs-Tage-Spiels (1998 im Schloss Prinzendorf, Anm.) des OM Theaters geschaffen hat.

Nitsch selbst bezeichnete die Installation als "wunderbar gelungen". Die Schau als "Geburtstagsgeschenk" sei eine hohe Auszeichnung. Nitsch ist nach eigenen Worten "stark geprägt" von der Landschaft des Weinviertels (wo er 1971 Schloss Prinzendorf angekauft hatte, Anm.). Projekte für Bühnen habe er keine, das Kapitel sei für ihn nach dem an der Absage Ioan Holenders gescheiterten Vorhaben für "Parsifal" an der Wiener Staatsoper abgeschlossen.

Die Schau wurde von Nitsch und Essl - "als kleiner Co-Kurator" - gemeinsam zusammengestellt. Sie besteht zu 95 Prozent aus den Beständen. Im Rahmen der Ausstellung führt Nitsch am 15. November - unter Einsatz von Blut und Fleisch, 20 Akteuren und Orchesterbegleitung - eine Aktion durch. Ein 228 Seiten starker Katalog enthält Texte u.a. von Karlheinz Essl und Wieland Schmied.
2003-10-16 13:52:55