Balztanz in den Postfächern
Von Claudia Aigner
Der "Tasmanische Tiger" ist bekanntlich in etwa so zutraulich
und kinderlieb wie der Weiße Hai. Wer also seine Kinder zu ihm in den
Streichelzoo lässt, sollte vorher eine Lebensversicherung für die kleinen
Racker abschließen, um danach noch irgendetwas von seinen Kindern zu
haben. Freilich: Bevor so ein Beutelwolf geschmackloser Weise Kinder
fressen kann, muss ja sowieso zuerst einmal wenigstens eine Stechmücke
ausfindig gemacht werden, die noch tasmanische Tiger-DNS in einem
Blutstropfen mit sich herumträgt. Wenn Katrin Plavcak (bis 8. Februar
in der Galerie in der Alten Schmiede, Schönlaterngasse 7 a) ihr Porträt
vom ausgestorbenen "Tasmanischen Tiger" also zynischermaßen "Streichelzoo"
betitelt, hat das wohl weniger mit einem bedenklichen, unmütterlichen
Verhältnis zu Kindern zu tun, als mit dem Menschen als anmaßendem Herrn
über das Aussterben und bald auch über die Wiederauferstehung im Genlabor.
Plavcak schnappt ihre Bildmotive in der Alltagskultur und in den Medien
auf und verarbeitet sie zu mehr oder weniger vielschichtigen Kommentaren
zum Thema "Welt". Das eine oder andere Gemälde ist so herzig und banal,
dass man sich schon bis aufs Kritikerblut provoziert fühlt. Und wenn die
Malerin dem schlechten Geschmack frönt, dann ist der noch schlechter als
der von Roy Lichtenstein. Vermutlich sind diese Bilder aber gerade wegen
dieser fast schon boshaften Unmittelbarkeit und dem ironischen Witz so
anziehend. Und wegen der Assoziationen, die sie freisetzen. Etwa wenn die
Balz, die über Inserate und Postfächer abgewickelt wird, das Thema ist. Da
malt Plavcak Kontaktanzeigen aus einer Tageszeitung ab und pinselt nackte
Beine darüber. Und hat es sich wohl nur verkniffen, die täglichen
"Fleischangebote" im Kontaktanzeigenteil in ein Naheverhältnis zur Werbung
fürs "Schweinsschnitzel mit Bauernhofgarantie" zu bringen. Ein
"Gemälde" wie eine Inventur im Sperrmüll (zu sehen bis 10. Februar in der
Galerie nächst St. Stephan, Grünangergasse 1). Wenn Jessica Stockholder
eine "Rumpelkammer" einrichtet, dann macht sie das zwar nicht nach den
Kriterien von Feng Shui, aber dafür sehr konstruktivistisch. Also sehr
handfeste Bilder, wo etwa eine Leiter, einige Spiegel und jede Menge
Lampen nach den Prinzipien des Konstruktivismus zusammenkommen. Und weil
über diese bildhafte Installation auch noch saubere "echte" abstrakte
Malerei verteilt wird, hätte sich wohl sogar ein russischer Konstruktivist
da drinnen wohlgefühlt. Und ein bisschen befriedigt Stockholder im
Zeitalter der "virtual reality" auch den Hunger nach der "Leibhaftigkeit".
Katharina Grosse ist daneben eine Meisterin der sehr körperlichen und
auch körperlosen Farbeffekte. Das Bild rinnt ihr davon oder sie kriegt ein
mysteriöses, fast schon metaphysisches Farbleuchten hin. Robert Zandvliet
ist mit brillanten, grafisch gebändigten Feuerlandschaften vertreten und
in altgewohnter Qualität: Herbert Brandl mit vergleichsweise romantischen
Stimmungslandschaften (verglichen mit den "ballistischen Kochkünsten" von
Jackson Pollock, der in seiner Aktionsmalerei ja der Ästhetik einer
Essensschlacht frönte).
Erschienen am: 02.02.2001 |
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