Dornbirn (VN-cd) "Skulpturen machen
oder ein Bild malen ist wie ein Instrument spielen. Das Zeichnen
hingegen ist wie dirigieren", schreibt der Künstler Gottfried
Bechtold. Meisterinnen und Meister des Taktstocks, pardon des
Stiftes, präsentieren die Sonderschau im Rahmen der ersten "art
bodensee", die der Zeichnung in Vorarlberg ab 1960 gewidmet ist.
Die Aufarbeitung des Themas war nicht nur eine
Notwendigkeit, die Dokumentation beweist, dass sich auch bei
Beschränkung auf Arbeiten Vorarlberger Künstlerinnen und Künstler
ein inhaltsreiches Projekt verwirklichen lässt.
Die Kunsthistorikerin Susanne Berchtold hat die Auswahl getroffen
und auf einen Überblick gesetzt, der verdeutlicht, dass es "in der
zeitgenössischen Kunst nur wenig Künstlerinnen und Künstler gibt,
die nicht auf das Medium Zeichnung setzen".
Der Fundus mag daher enorm gewesen sein, die Auswahl ist straff
und die Gestaltung äußerst lebendig.
Es geht nicht um Themengruppen. Jeder Künstler steht sozusagen
für sich, tritt - so wie die Zeichnung eben auf den Ursprung der
Idee verweist - in den unmittelbaren Kontakt mit dem Betrachter.
Auf jedem Material
Das gilt für Herbert Albrecht, dem die Zeichnung als
Vorstufe für die Bildhauerei dient, ebenso wie für Sabine Marte,
deren Interesse es war, das Medium Zeichnung in die Kamera zu
transferieren, was zu Videozeichnungen führte. Zeichnen ließe sich
auf jedem Material, meint die junge Künstlerin (Jahrgang 1967),
seien es Bänke, Wände, Fliesen oder sei es Haut.
Was nun nicht heißen soll, dass die Kuratorin bei der Auswahl
darauf bedacht war, alle Spielarten durchzumachen.
Künstlerinnen und Künstler, die man sofort mit Zeichnungen in
Verbindung bringt, also der spontane Tone Fink ("In der Zeichnung
liegt nichts Ewiges, sondern Vergehendes"), Sabine Luger, die
"konsequent ihren Weg als Zeichnerin weiterentwickelt", oder Gesine
Probst mit ihren poetischen Arbeiten, sind ebenso selbstverständlich
vertreten, wie die "Klassiker" Leopold Fetz, Walter Khüny und Hubert
Berchtold.
Den bildhauerischen Alltag sieht Christoph Lissy in seinen
Zeichnungen (Tagebücher der Befindlichkeit) erwähnt, "Zeichnen ist
gesund - jedenfalls gesünder als wilde Tiere zu streicheln", meint
Regine Götz, deren Installation "Eisbären und Tiger" keineswegs nur
illustrativen Charakter hat, lauert hinter den possierlich
dargestellten Raubtieren doch das Bedrohliche.
Eine Anthologie
Zur Ausstellung mit 144 Arbeiten von knapp 30 Künstlern
wurde ein sorgsam erstellter Katalog aufgelegt. Nachdem
Werkabbildungen mit Kommentaren von den jeweiligen Künstlern oder in
wenigen Fällen über sie versehen sind, erweist er sich als reizvolle
Anthologie, die über die Ausstellung hinaus Bestand haben wird.
Abgesehen davon verwundert es nicht, dass man Künstlerinnen und
Künstlern, die hier vertreten sind, auch in manchen der Galeriekojen
der "art bodensee" begegnet.
Die Sonderschau ist während der "art bodensee" (täglich
14 bis 22 Uhr, sonntags bis 20 Uhr) sowie anschließend noch bis 5.
August, täglich 16 bis 22 Uhr, sonntags bis 20 Uhr geöffnet.
Arbeit von Michael Mittermayer.