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Im Kinsky: "Kein absoluter Schutz vor Fälschungen"

10.04.2011 | 18:18 | BARBARA PETSCH (Die Presse)

Anfang Mai übernimmt der ORF-Journalist Nikolaus Schauerhuber von Otto Hans Ressler das Wiener Auktionshaus. Ein Gespräch über Künstler, die ihre Bilder nicht erkennen, falsche Zahlen und Kunst als Geldanlage.

Die Presse: Wie kann man sich als Käufer vor Fälschungen schützen?

Otto Hans Ressler: Einen absoluten Schutz wird es nie geben. Wir „Im Kinsky“ garantieren für die Echtheit und haften auch dafür.

Was war Ihr skurrilstes Erlebnis mit Fälschungen?

Ressler: Bei unserer allerersten Auktion haben wir ein Werk von Friedensreich Hundertwasser aus dem Jahr 1951 angeboten bekommen: „Gelbe Küsse, gelbe Schiffe“. Ich bin sofort zum Hundertwasser gefahren und habe ihm das Bild gezeigt. Er sagte: „Das ist von mir – und er hat mir ein Zertifikat gegeben.“ Das Werk war eine Fälschung. Drei Jahre später ist das gleiche Bild aus der Sammlung Essl auf den Markt gekommen. Der Käufer hat mich verständigt. Ich wusste, Hundertwasser hat nie wiederholt. Ich habe ihn alarmiert. Er hat dann entschieden: Unser Bild ist falsch. Er hat das falsche Bild übermalt und auf die Rückseite geschrieben: „Echter Hundertwasser über falschem Hundertwasser.“ Das war witzig, aber dieses Bild hat bei Weitem nicht den Preis erzielt wie ein echter Hundertwasser.

Herr Schauerhuber, was werden Sie als Erstes machen, wenn Sie hier Direktor werden?

Nikolaus Schauerhuber: Ich überlege mir ein professionelles Hundesitting, das ich gelegentlich selbst übernehmen werde, weil ich Hunde sehr mag und diese „Im Kinsky“ verboten sind. Ein Scherz. Um ganz ehrlich zu sein: Ich muss jetzt am 2.Mai erst einmal anfangen. Ich übernehme ein bestens trainiertes Rennpferd, das von Sieg zu Sieg sprintet. Es wäre dumm, etwas zu ändern, da es so gut läuft. Ich setze auf Kontinuität. Es wird Neuerungen geben, aber bitte fragen Sie mich nach einer Einarbeitungsphase.

Werden Sie den Journalismus vermissen?

Schauerhuber: Ja, vor allem die Kollegen. Aber für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich war am Rande eines Fußballfeldes, habe kommentiert, jetzt darf ich selber mitreden und bin mitten im Spiel.

Laut einer Studie werden weltweit 43 Mrd. Euro mit Kunst und Antiquitäten umgesetzt– von 2,3Mio. Beschäftigten. Das ist eine fabelhafte Pro-Kopf-Produktivität. Stimmt das überhaupt?

Schauerhuber: Diese Studie basiert einerseits auf Auktionsergebnissen, die leicht zu bekommen sind, andererseits aber auf Umfragen. Da gibt es ein hohes Sample, ein paar Tausend. Aber es sind eben nur Umfragen.

Ressler: Wir machen 28 Mio. Euro mit 14 Leuten, also zwei Mio. pro Mitarbeiter. Die Zahlen der Auktionshäuser bekommen Sie in Österreich auf Knopfdruck. Aber ich wünsche Ihnen viel Glück, wenn Sie die Zahlen des Kunsthandels und der Galerien erheben wollen. Das ist unmöglich. Diesen Studien wird ein Kunstgriff zugrunde gelegt: Man sagt, 55 Prozent des weltweiten Umsatzes erzielt der Kunsthandel, 45 Prozent machen die Auktionshäuser. Das ist eine fiktive Annahme; ob die stimmt, traue ich mich nicht zu sagen, auch sonst kann das keiner behaupten. Die Zahlen sind einfach falsch.

Jüngst hat mir jemand erzählt, dass es beim Handel mit Kunst, also ganz generell, auch Geldwäsche gibt. Bei einem Kunstwerk kann man ja nie sagen, wann es in den Familienbesitz gekommen ist. Z. B. wenn jemand einen Altmeister oder ein kostbares Musikinstrument erstanden hat, sagt er einfach: Das ist von meinem Großvater.

Ressler: Das kann man schwer nachweisen. Aber wenn der Käufer das Objekt in Europa erworben hat, hat er sich ausweisen müssen, und damit ist ziemlich klar nachzuvollziehen, wo kommt was her. In Amerika, Europa, auch in Österreich gibt es Gesetze, das schränkt die Möglichkeiten von Geldwäsche oder Schwarzgeldeinsatz stark ein. Die Regeln sind relativ streng. Der Kunstmarkt eignet sich nicht für Geldwäsche.

Ist es wahr, dass es wegen der Angst vor Inflation eine Flucht in Sachwerte, also auch Kunst, gibt?

Schauerhuber: Flucht klingt so dramatisch. Ich glaube nicht, dass die Menschen jetzt vermehrt in Sachwerte flüchten. Es geht ja auch darum, dass man Freude hat, wenn man etwas investiert. Ich würde sagen, es gibt eine Umorientierung. Menschen, die bisher Wertpapiere gekauft haben, überlegen sich Alternativen. Eine davon ist die Kunst. Da hat man eine emotionale Dividende und sicher keinen Verlust.

Ressler: Die Dresdner Bank hat eine Untersuchung veröffentlicht, die sich über 125 Jahre erstreckt hat. Diese hat ergeben, dass es seit 1875 eine Rendite für Kunst per anno von 8,8 Prozent gibt, und zwar nicht nur für die absoluten Topkünstler, sondern auch für die zweite und dritte Reihe.

 

Herr Ressler, Sie werden weiterhin die zeitgenössische Kunst betreuen. Was raten Sie Käufern?

Ressler: Kunst ist eine persönliche Entscheidung. Wenn Sie neu anfangen und wenig Geld haben, würde ich raten, z.B. Johanna Kandl anzurufen und sie um eine Führung durch ihre Studentenklasse an der Wiener Universität für angewandte Kunst zu bitten. Arbeiten von Studenten sind erschwinglich.


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